Aufregung um Sexskandal

Polens Präsident Aleksander Kwaśniewski soll eine Affäre mit einer Sängerin gehabt haben. Hinter den Anwürfen steckt ein Konflikt zwischen Staatschef und Regierung

WARSCHAU taz ■ Ganz Polen kennt nur noch ein Thema: „Hatte Präsident Aleksander Kwaśniewski eine Sexaffäre mit der Popsängerin Edyta Górniak? Bekommt sie ein Kind von ihm? Ist das das unrühmliche Ende einer Bilderbuchkarriere?“ Der Präsident dementiert. Fast in jeder Nachrichtensendung im Radio ist seine empörte Stimme zu hören: „Das alles ist die absolute Unwahrheit. Die Verbreitung dieser Art von Information ist unwürdig und durch nichts zu erklären.“

Angefangen hat alles vor knapp neun Monaten. Zufällig waren die populäre Sängerin und Präsident Kwaśniewski im gleichen Flugzeug zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Korea gekommen. Sie sollte die Hymne singen, er den polnischen Fußballern Mut machen. Da Górniak die Hymne so eigenwillig interpretierte, dass die Spieler verstummten, entlud sich nach ihrer Rückkehr ein Meer an Kritik und Häme über ihr: Górniak sei schuld am miserablen Abschneiden der polnischen Nationalmannschaft. Das 0:2 gegen die Koreaner und das 0:4 gegen die Portugiesen gehe auf ihr Konto.

Damals nahm Kwaśniewski die Sängerin öffentlich in Schutz: „Wenn Edyta Górniak nicht nur die Hymne gesungen hätte, sondern länger auf dem Fußballfeld geblieben wäre, hätte sie die koreanische Mannschaft so bezirzt, dass das Match zwischen Polen und Korea besser für uns ausgegangen wäre.“

Vor einigen Tagen nun hat das Satireblatt NIE (Nein) das Gerücht vom Juni 2002 über eine angebliche Affäre Kwaśniewskis aufgewärmt, das sofort auch von der Trybuna nachgedruckt wurde, von Blättern also, die beide der postkommunistischen Regierung unter Premier Leszek Miller nahe stehen und als Gegner des Staatspräsidenten gelten. Dieser handelt seit einiger Zeit immer unabhängiger.

In der vor kurzem hochgekochten größten Korruptionsaffäre in Polen, in die auch Miller verwickelt ist, hatte sich Kwaśniewski für eine lückenlose Aufklärung ausgesprochen. Der NIE-Publizist Maciej Wisniowski vermutete denn auch prompt, dass Kwaśniewski die Korruptionsaffäre angezettelt habe, um von den Sexgerüchten um seine Person abzulenken.

Michal Tober, Pressechef der Regierung, kommentiert den Skandal ganz unschuldig: „Es ist etwas Ungesundes in der Atmosphäre rund um dieses Gerücht. Diese mehr oder weniger absurden Gerüchte sollen suggerieren, dass es einen neuen ‚Krieg an der Spitze‘ gibt zwischen Präsident und Premier.“ Und das scheint ja nun überhaupt nicht zu stimmen.

GABRIELE LESSER