Refah bleibt verboten

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte akzeptiert das Verbot der 1998 aufgelösten türkischen Partei

FREIBURG taz ■ Das Verbot der islamistischen Refah-Partei von Necmettin Erbakan verstieß nicht gegen europäische Grundrechte. Dies stellte gestern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg fest. Die Partei war 1998 vom türkischen Verfassungsgericht aufgelöst worden, weil sie ein „Zentrum von Aktivitäten gegen den Säkularismus“, die weltliche Ausrichtung des Staates, darstelle.

Die Islamisten waren damals mit 4,3 Millionen Mitgliedern, 158 Parlamentssitzen und einem Wahlergebnis von knapp 22 Prozent die stärkste Partei der Türkei. Ihr Vorsitzender Erbakan hatte kurz zuvor noch als Premierminister fungiert.

Der Gerichtshof, der über die Einhaltung der Europäischen Menschenrechts-Charta wacht, entschied nun jedoch, dass das Verbot die Vereinigungsfreiheit nicht verletzte. Zur Begründung hieß es, die Auflösung der Partei habe ein legitimes Ziel verfolgt, weil die Islamisten Gewalt zur Erreichung ihrer Ziele nicht ausgeschlossen hätten. Vorgeworfen wurde Refah außerdem, dass die Partei ein pluralistisches Rechtssystem angestrebt habe, bei dem für die muslimische Bevölkerungsmehrheit die Scharia, das islamische Recht, gegolten hätte.

Im Juli 2001 hatte eine kleine Kammer des Straßburger Gerichts das Verbot nur mit vier zu drei Stimmen akzeptiert. Umso überraschender ist nun, dass in der großen Kammer alle 17 Richter das Verbot akzeptierten. Seit einigen Monaten regiert in der Türkei die AKP, eine Nachfolgepartei von Refah. CHR