Kunst kontra Feudalismus

Yoji Yamadas Schwertkämpfer-Drama „Tasogare Seibei“ im Wettbewerb über gesellschaftliche Konflikte zu Beginn der japanischen Aufklärung

Zwei Bewegungen konstituieren in Yoji Yamadas Schwertkämpfer-Drama „Samurai in der Dämmerung“ die Möglichkeit von Liebe – während die sozialen Bewegungsmöglichkeiten innerhalb des feudalen Gesellschaftssystems denkbar gering bleiben. Sie unterscheiden sich grundsätzlich in Ausdruck und Anmut, widerspiegeln gleichzeitig jedoch die geschlechterspezifischen Reglementierungen, mit denen die Menschen in Yamadas Film zu kämpfen haben.

Da ist zum einen die Führung des Schwertes, das höhere Weisungen vollziehen muss, um sich der Möglichkeit von Liebe zu vergewissern (je nach Gesellschaftsform kann Liebe reaktionäre Züge tragen), oder sich in Ausnahmesituationen über Standesgrenzen erhebt. Es ist die männliche Bewegung, die Stärke und Status suggeriert, in ihrer Kunstfertigkeit längst aber unter den Verhältnissen leidet.

Die andere, feminine Bewegung ist der Strich des Kamms durch die Haare des Samurais, kurz bevor er zum letzten Kampf aufbricht. Für den Samurai ist es ein Zeichen des Respekts, die Etikette auch im Todeskampf zu wahren, und Yamada bringt in der zeremoniellen Handlung der Pflege ein inniges Vertrauensverhältnis zum Ausdruck. Seibei Iguchi, der „Dämmerling“, bittet im Moment seiner größten Herausforderung seine Jugendliebe Tomonojo zu sich, deren Liebe er zuvor aus Demut abgewiesen hatte, und die sanften Berührungen ihrer Finger beim Frisieren vermitteln perfekte Sinnlichkeit wie in der Kunst der Kalligrafie.

Die Liebe steht in „Samurai in der Dämmerung“ auf dem Prüfstein gegen ein überkommenes japanisches Feudalsystem. Die gesellschaftlichen Konflikte sind in Yamadas Film omnipräsent, aber erst die Unverfälschtheit der Gefühle kann die Verhältnisse ins Wanken bringen. Noch zentraler als die Leidensfähigkeit des Mannes, der – sozialer Status niedrig, Frau verloren, Mutter senil, zwei Kinder zu ernähren – immer noch sein kleines Glück verteidigt, ist dabei die Rolle der Frau, die sich der traditionellen Repression langsam bewusst wird, aber noch nicht den Mut besitzt, auf ihr eigenes Leben zu insistieren. „Samurai in der Dämmerung“ spielt zu Beginn eines japanischen Zeitalters der Aufklärung, und Yamada findet für diesen Wandel einprägsame Bilder. Das Mädchen Tomonojo Iinuma hat viel gemeinsam mit den Frauen aus Ang Lees „Tiger & Dragon“, vor allem Michelle Yeohs Yu Shu Lien und Jade Fuchs, die Ausgestoßene, weil sie sich nicht den Normen beugen wollten. Wenn Tomonojo am Ende auf den Kämpfer Seibei wartet, scheint sich nicht nur in ihr ein neues Bewusstsein der eigenen Stärke entwickelt zu haben. ANDREAS BUSCHE

Heute, 12 Uhr, Royal Palast, 20 Uhr, International, 16.2., 21 Uhr, CineStar