Schröder verspricht Sozialabbau

Beim Cebit-Eröffnungsrundgang macht der Kanzler nicht nur seiner Frau Doris, sondern auch der Wirtschaft eine Liebes- erklärung. Staat soll in Krisen vorgehen, „wie es Ihre Unternehmen auch tun würden“. BDI-Chef Rogowski ist hocherfreut

aus Hannover JÜRGEN VOGES

Der Besucherandrang am ersten Tag der Cebit 2003 hielt sich in Grenzen. Auf den riesigen Parkflächen rund um das hannoversche Messegelände waren im Laufe des Vormittags nur die Hälfte der insgesamt 40.000 Plätze besetzt.

Auf einen prominenten Dauergast konnte sich die Deutsche Messe AG, die die weltgrößte Leistungsschau der Kommunikations- und Informationsbranche veranstaltet, jedoch erneut verlassen. Bundeskanzler Gerhard Schröder absolvierte mit dem Besuch von 13 Firmenständen pflichtgemäß seinen 13. offiziellen Cebit-Rundgang, von 1990 bis 1998 als niedersächsischer Ministerpräsident und seit fünf Jahren als Kanzler.

Der Regierungschef mühte sich, wenn auch verhalten, Optimismus zu verbreiten. Das schwierige Jahr 2002 habe gezeigt, dass sich nicht alle erträumten Wachstumsraten bewahrheitet hätten. Nun jedoch sei immerhin „der Prozess der Konsolidierung der Branche mit durchaus guten, seriösen Wachstumsperspektiven eingeleitet“.

Schon bei der offiziellen Cebit-Eröffnungsfeier am Dienstagabend hatte Schröder offen eingestanden, dass die deutsche Wirtschaft in ihrem Wachstum nachhaltiger geschwächt sei, als die Experten es erwartet hätten. Zudem wies Schröder erneut auf die Gefahren für die Weltkonjunktur durch den drohenden Krieg gegen den Irak hin.

Hoffnung ins Land soll nun angeblich die Regierungserklärung am Freitag bringen. Schröder will sie nach Angaben seines Regierungssprechers Thomas Steg trotz der möglichen Kriegsabstimmung im UN-Sicherheitsrat auf jeden Fall abgeben.

Am Freitag wende sich in Deutschland alles zum Besseren, versicherte der Kanzler bei seinem Rundgang über die Cebit auf eine entsprechende Journalistenfrage. Den versammelten Managern der IT-Branche hatte er schon bei der Eröffnungsfeier Kürzungen in den Sozialversicherungssystemen in Aussicht gestellt und erneut „Strukturreformen“ angekündigt. In der gegenwärtigen Krisensituation müsse der Staat „ähnlich vorgehen, wie es Ihre Unternehmen auch tun würden: Wir müssen die eigenen Kräfte stärken, die Strukturen anpassen“.

Dem als neoliberalen Hardliner hinlänglich bekannten BDI-Präsidenten Michael Rogowski sagte das durchaus zu. Rogowski, der Schröder auf dem Cebit-Rundgang begleitete, lobte etwa ausdrücklich die geplante Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe und auch die Kürzungen beim Arbeitslosengeld. Konjunkturprogramme lehnte der BDI-Chef allerdings schon mal vorbeugend ab. Mit den zinsverbilligten Krediten, mit denen der Kanzler die Bauwirtschaft ankurbeln will, kann sich Rogowski allerdings durchaus anfreunden. „Ich habe Verständnis, wenn der Bundeskanzler ein gewisses Volumen zinsbegünstigter Kredite zur Verfügung stellen will über die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Aber bitte keine großen Schuldenprogramme“, sagte Rogowski.

Schröder machte im Übrigen auf der Cebit nicht nur für UMTS oder für Datensicherheit Reklame, sondern auch für die eigene Ehe: Doris Schröder-Köpf begleitete ihren Mann bei zwei Dritteln des Rundgangs, bis sie per Küsschen vor laufenden Kameras verabschiedet wurde. Und auf dem Stand der Telekom versicherte ihr der Kanzler sogar via Mikrofon: „Ich liebe dich!“

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