Das falsche Ergebnis – aber jede Menge Bier

Der TSV Quakenbrück scheidet nur knapp im Pokal aus, darf demnächst aber öfter gegen Köln spielen

QUAKENBRÜCK taz ■ „Vier Bier und vier Jägermeister“, ruft ein Mann mit Schnauzbart und rotweißem Fanschal der Frau an der Kühltruhe zu. Er bekommt die Flaschen und schleppt sie hektisch zu seinen Freunden auf die kleine Holztribüne. Alle sind nervös, denn die Mannschaft von Quakenbrück liegt zurück. Es ist Halbzeitpause in der restlos ausverkauften Artlandhalle, so gut wie jeder der 1.500 Zuschauer hält eine Bierflasche in der Hand. In Quakenbrück, einem von 13.000 Menschen bewohnten Ort nordwestlich von Osnabrück, tut man das so, wenn man zum Basketball geht. Überhaupt ist hier vieles anders als anderswo. Die Hallenwände sind mit fleckig-braunem Teppich verkleidet, gespielt wird auf grünem PVC. Im Februar, als der heimische Zweitligist TSV Quakenbrück (Künstlername: Artland Dragons) den Erstligisten EnBW Ludwigsburg mit 94:59 besiegte, ging das Bier schon nach den ersten 20 Minuten aus. Der Verein musste Nachschub rankarren. Aus dem Fehler hat man gelernt. Am Mittwochabend, in der Pokalpartie gegen den deutschen Vizemeister RheinEnergie Cologne, waren genügend Hopfengetränke vorrätig für die durstigen Besucher, die ihre Mannschaft mit immensem Getöse anfeuerten – am Ende aber doch in kollektive Traurigkeit verfielen.

Um ein Haar wäre es dem TSV gelungen, das steinreiche Ensemble vom Rhein mit Stars wie dem jugoslawischen Welt- und Europameister Sasa Obradovic zu blamieren. Quakenbrück kämpfte bis zur letzten Sekunde, die Zuschauer schrieen, trommelten und trampelten. Doch es half nichts: Quakenbrück unterlag den Kölnern in einem dramatischen Finish mit 92:94 (41:43). 20 Sekunden vor Spielende hatte Quakenbrück zum 92:92 ausgeglichen. 15 Sekunden später erhielt Obradovic zwei Freiwürfe, die er trotz ohrenbetäubender Pfeifkulisse zum Sieg für Köln verwandelte. Viele Quakenbrücker hatten da Tränen in den Augen. Es war ihre erste Pflichtspiel-Niederlage seit dem 15. Februar 2002, die Tabelle der Zweiten Liga Nord führt der TSV mit 46:0 Punkten an. Nur noch zwei Siege, und der Aufstieg in die Eliteklasse ist hundertprozentig sicher, dann spielen sie des Öfteren gegen Köln.

Nach dem Pokal-Aus war Trainer Chris Fleming aber erst einmal sehr betrübt. „Es war ein sehr gutes Spiel mit dem falschen Ergebnis“, sagte der 33-Jährige aus New Jersey. Der Kölner Stephan Baeck spendete Trost: „Es hat Spaß gemacht hier zu spielen, die Mannschaft gehört in die erste Liga.“ Was die Besetzung der „Dragons“ angeht, hat Baeck sicher Recht. Fleming, der Quakenbrück im dritten Jahr coacht, hat ein technisch und kämpferisch starkes Team zusammengestellt. Auffällig ist Aufbauspieler Michael Jordan (25) nicht nur wegen der Namensgleichheit mit dem Superstar aus der NBA. Der Quakenbrücker Jordan war gegen RheinEnergie die treibende Kraft im Team, verwandelte fünf Dreipunkte-Würfe und riss den Kölner Nationalspieler Stephen Arigbabu zu dem Kommentar hin: „Dieser Jordan war schon ziemlich gut. Ich war richtig froh, dass es nicht der echte war.“ Beeindruckend war auch die Leistung des unermüdlich kämpfenden griechischen Forwards Kostas Stavropoulos, mit 24 Punkten bester Werfer gegen Köln.

„Wir haben ein Team aus guten Spielern zusammengestellt, die sonst keiner wollte“, befindet Quakenbrücks Manager Marko Beens mit Stolz. Die Planungen für die erste Liga laufen bereits. Der wichtigste Punkt ist der Bau einer neuen Spielstätte. Neben der Artlandhalle, die nicht den Kriterien der ersten Liga entspricht, entsteht ein 3.000 Zuschauer fassender Neubau. Schon im April soll er fertig sein. „Alle freuen sich darauf“, sagt Beens. Ihr Bier werden die Quakenbrücker dann allerdings aus Plastikbechern trinken müssen – denn das ist Vorschrift in der ersten Liga. CHRISTIANE MITATSELIS