Homosexualität

„Wenn euch Laster versuchen, so gebt ihnen im Verborgenen nach“ – frei nach diesem Ausspruch eines arabischen Weisen können Homosexuelle im Libanon relativ unbehelligt leben, aber nicht offen. Solange Schwule ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit nicht zeigen, geht die Gesellschaft einigermaßen gelassen mit ihnen um, fast gleichgültig. Selten sind Schwule Gewalt ausgesetzt, weiblich wirkende Homosexuelle werden allerdings häufig verspottet.

Paragraph 534 des libanesischen Strafgesetzes besagt, dass „jeder widernatürliche Geschlechtsverkehr mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft wird“. Dieses Gesetz kann auf Homo- wie Heterosexuelle angewendet werden. Schwule können nur strafrechtlich belangt werden, wenn man sie beim Sex überführt. Wenn es diesen direkten Beweis nicht gibt, hat die Polizei im Libanon allerdings das Recht, eine medizinische Untersuchung durchführen zu lassen, die die Weite oder Enge des Afters überprüft. Damit wird – eine für machistisch geprägten Kulturen typische Sicht – nur derjenige kriminalisiert und von Strafe bedroht, der im Liebesspiel die passive Rolle übernimmt.

Ungelebte Homosexualität scheint kein Strafgrund: Vor zwei Jahren wurde ein Mann freigesprochen, der sein Schwulsein bekannte, aber erklärte, aus Angst vor Aids mit niemandem verkehrt, sondern sich mit einer Gurke befriedigt zu haben.

Treffpunkte für Schwule sind türkische Dampfbäder, bestimmte Strände und Straßen. Sie werden von zivilen Beamten der Sittenpolizei kontrolliert, bei der Kontaktanbahnung ist also Vorsicht geboten. Einige Nachtclubs in Beirut werden vor allem von Schwulen besucht – keiner würde allerdings darauf hinweisen oder gar als schwuler Club Werbung für sich machen.

So weist das Acid in der Sin-al-Fil-Zone von Beirut, obwohl hauptsächlich unter Schwulen populär, unter Umständen sogar Männer ohne weibliche Begleitung an der Tür ab. Männer zahlen zwanzig Dollar Eintritt, Frauen kommen vor Mitternacht umsonst rein. Auch das schicke BO18 (weitere Informationen zu diesem und anderen Clubs auf Seite V) weist besonders am Wochenende Männer ohne Ausgehpartnerin ab, der Eintritt ist frei, die Getränkepreise happig. Im Pub Sheikh Manoch gegenüber der American University treffen sich nach 20 Uhr viele Homosexuelle bei Drinks und libanesischem Essen. In allen Läden sollte man sich diskret verhalten, da auch hier die Sittenpolizei zu regelmäßigen Kontrollbesuchen aufläuft.

Eine Hölle für Homosexuelle ist der Libanon dennoch nicht. Vereinzelt trifft man sogar Dragqueens auf der Straße. Die Abhängigkeit des Landes vom Tourismus wirkt mäßigend auf die Behörden ein.

Die Webseite der Gruppe Lebanese Equality for Gays and Lesbians – LEGAL – informiert über sichere Kennenlernwege, die rechtliche Situation und alles, was für Schwule und Lesben im Libanon noch wichtig sein könnte: legal.20m.com  MUNIR ABDALLAH

Übersetzung aus dem Arabischen von Michaela Kleinhaus