polen im irak
: Großmacht von Amerikas Gnaden

Einmal zu den Siegern gehören! Einmal als Befreier umjubelt werden! Dieser alte Traum der Polen scheint nun in Erfüllung zu gehen: Das Land soll als dritte Ordnungsmacht neben den Amerikanern und Briten den Irak wieder aufbauen. Damit wird Polen von den USA zu einer Sieger- und Großmacht aufgewertet. Stolz verkünden dort auch sämtliche Kommentatoren: „Wir haben gesiegt!“ und „Wir stehen auf der richtigen Seite!“

Kommentar von GABRIELE LESSER

Schon seit Monaten versichert US-Präsident George W. Bush immer wieder, dass Polen der „beste Freund“ Amerikas in Europa sei. Prompt bestellte Polen denn auch in den USA Kampfflugzeuge für rund vier Milliarden US-Dollar – und nicht etwa bei den europäischen Partnern.

Doch der Traum vom umjubelten Sieger könnte schon bald zerplatzen wie eine Seifenblase. Tatsächlich kann sich Polen die Besatzung des Irak gar nicht leisten. Der Einsatz von 10.000 Soldaten müsste vollständig von den Amerikanern bezahlt werden. Dann aber wäre Polen – nüchtern betrachtet – lediglich ein Söldner der USA. Nicht mehr.

Dafür handelt sich Polen in der EU Ärger ein. Denn bei allem Verständnis, das man bei den europäischen Partnern für die langjährigen Beziehungen zwischen Polen, dem Irak und Amerika aufbringt, scheint doch eines unumstößlich festzustehen: Polen tritt demnächst der EU bei – nicht den Vereinigten Staaten. Dazu passt nicht, dass das Land nun bereits zum zweiten Mal die EU-Bemühungen um eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik torpediert. Anfang Februar war es der „Brief der acht“, eine Solidaritätsadresse an die USA, die nicht mit Brüssel abgesprochen war. Diesmal ist es Polens selbstherrliche Großmachtrolle im Irak, von der Brüssel erst aus der Presse erfuhr.

Politiker wie auch führende Intellektuelle Polens sind dennoch überzeugt, dass ihr Sieg an der Seite der Amerikaner sie auch in der EU aufwerten wird. Dass sie nun endlich als ernst zu nehmender Partner in der Weltpolitik wahrgenommen werden. Nur so ist zu erklären, dass Präsident Aleksander Kwaśniewski allen Ernstes anbietet, zwischen der EU und den Vereinigten Staaten vermitteln zu wollen.

Ein Land, das Großmacht von Amerikas Gnaden spielt und seine eigene Rolle in der Welt dermaßen überschätzt, kann kaum darauf zählen, in der Europäischen Union ernst genommen zu werden. Es macht sich eher suspekt. Einem solchen Land wird das Vertrauen entzogen. Damit aber wäre Polen einmal mehr auf der Verliererseite.