berliner szenen In 80 Tagen um die Welt

Am Gendarmenmarkt

„Vom Zaun da weg!“, schnauzt ein Mann in orangener Weste die junge Frau am Absperrgitter an. „Achtung! Ruhe bitte!“, tönt es durch einen Lautsprecher. Eine riesige Menschenmenge rennt jubelnd die Treppe des Konzerthauses hinunter. Hüte fliegen in die Luft. Pferde wiehern. Queen Victoria soll auch noch kommen, aber erst nach der Mittagspause.

So ist Berlin. Unser Berlin. Nicht nur Hauptstadt, sondern jetzt auch noch Filmstadt. Jules Vernes Klassiker „In 80 Tagen um die Welt“ wird neu verfilmt – und wir kriegen Hollywood ganz nahe, fast zum Anfassen. Der Wohnwagen von Actionheld Jackie Chan steht mitten auf dem Gendarmenmarkt. Von der Überfallszene, bei der Chan aus dem ersten Stock des zum Bank of England umfunktionierten Deutschen Doms gehechtet ist, erzählt man sich hier noch Tage später. „Haste das mit dem Sofa gesehen? Wo er aus dem Fenster gesprungen ist!“ – „War er das wirklich?“ – Klar, Jackie macht alle Stunts selbst.“

Doch für heute ist erst einmal Ruhe im Kasten. Jackie kommt nicht raus. Es nieselt, und der Himmel ist grau. „Englisches Wetter. Ganz passend zum Film“, bemerkt ein älterer Herr, der mit Videokamera unterwegs ist. „Gar nicht gut“, kontert einer vom Set. Wenn das so bleibt, müssen wir länger drehen“. Den Komparsen ist das egal. Ein Tag länger bedeutet einen Tag mehr Geld. 6.000 Statisten soll es insgesamt geben.

Eine Londoner Dame des 19. Jahrhunderts geht neben einem modernen Businessmann über die Straße. Während sie nachschaut, ob der Hut noch sitzt, spricht er ins Handy. Gleich daneben ein Kamerateam vom Fernsehen. Ein junges Pärchen soll sagen, was es von einer Erhöhung der Alkoholsteuer halten würde, jetzt, wo das Rauchen so teuer wird. SERENA KLEIN