Düstere Wegespuren

Zeichen einer angstbesetzten Ära: Die „Hamburgische Sezession“ im Museum für Kunst und Gewerbe

„Der Künstler, der schaffen soll, kann nur in einer bestimmten Atmosphäre gedeihen“, sagten sich die Hamburger Sezessionisten – und gründeten auch in ihrer Heimatstadt eine Sezession. Die Dringlichkeit wird in den Worten des ersten Vorsitzenden deutlich. 1922 sagte Friedrich Wield: „Wir müssen hier in Hamburg eine Freistätte haben, wo unabhängig von dem Willen und der Laune des Kunsthandels und offizieller Kreise junge Kunst sich öffentlich zeigen kann.“

In Zeiten knapper Kulturkassen haben solche Worte auch heute wieder Hochkonjunktur –und deshalb kann sich das Museum für Kunst und Gewerbe glücklich über das große Konvolut der Hamburger Sparkasse schätzen, das jetzt als Dauerleihgabe Eingang in die Museumssammlung findet. 2002 hat die Haspa die 250 Arbeiten der Hamburgischen Sezession aus der Sammlung Hermann-Josef Bunte erworben, die nun nach und nach im Museum für Kunst und Gewerbe gezeigt werden.

Den Auftakt bildet eine Schau mit kaum mehr als zehn Exponaten, doch wird schon hier die Qualität der Sammlung deutlich. Landschaften von Eduard Bargheer, Portraits von Friedrich Ahlers-Hestermann und Anita Rée, Stillleben von Dorothea Maetzel-Johannsen sind im Max Sauerlandt-Raum zu sehen – und erinnern auch an die Sammlungsgeschichte des Hauses. Max Sauerlandt, von 1919 bis 1933 Direktor des Museums, war einer der Ersten, die sich für die Hamburger Modernen einsetzten. 1933 wurde ein Großteil der Arbeiten beschlagnahmt und vernichtet. Die Sezession reagierte auf die Aufforderung, die jüdischen Mitglieder auszuschließen, mit Selbstauflösung. Und auch wenn die Einflüsse der „Brücke“ und Cézannes in einigen Arbeiten deutlich bemerkbar sind – es findet sich viel Originelles in der Schau, wie etwa Willem Grimms Wattlandschaft (1931), deren helle Farben eher an eine mediterrane Szene denken lassen.

Gelungen auch die Wegespuren Karl Kluths von 1933: In kräftigen Grün-, Hellblau- und Rosatönen entwirft der Maler ein dynamisches Wegekreuz als Symbol für den gefährdeten Ort, an dem sich Kunst und Künstler der Zeit befanden. Viele gingen in die Emigration. Andere, wie Alma del Banco und die Porträtmalerin Anita Rée, wählten den Freitod. Eduard Bargheers Ölbild Die Ausfahrt kann ebenfalls als Zeichen einer angsterfüllten Epoche gedeutet werden. Nur die Umrisse von Menschen sind zu erkennen, einige Bootslampen – und sonst nichts als lange, dunkle Nacht. MARC PESCHKE

Di–So 10–18 Uhr, Do bis 21 Uhr. Museum für Kunst und Gewerbe; bis 26.10.