Berichterstatter

Berichte von Kriegsschauplätzen haben eine lange Tradition. Das früheste Zeugnis abendländischer Dichtung handelt vom Krieg: Homers Epos „Ilias“. Darin schildert der Autor die Belagerung Trojas um 1200 vor Christus. Hauptmotiv des Werks ist nicht die Auseinandersetzung um Recht oder Unrecht, sondern der Zorn.

Der italienische Renaissancedichter Ariost (1474–1533) hingegen belächelt kämpferische Ideale. Sein „Rasender Roland“ – ein siegreicher Vasall, der für Karl den Großen kämpfte – wird aus der Rüstung gestoßen. Der Lohn für seine Heldentaten in der Schlacht gegen Ungläubige ist nicht die ihm gebührende Minne.

Rolands Angebetete, die schöne Angelica, brennt mit einem Knappen durch. Roland selbst wird zum Antihelden: In seinem Wahn zerfetzt er ganze Wälder und zerstückelt Vieh und Menschen. Aus dem Zorn der Helden Homers ist ein kindisch-brutaler Wutanfall geworden.

Von der Zeit der Napoleonischen Kriege erzählt Lew Tolstoi (1828–1910). In „Krieg und Frieden“ sind häusliche Friedenszenen (wie Familienfeiern und Todesfälle) mit Lagebesprechungen und Schlachten verflochten. Historische Ereignisse werden hier aus der Sicht der fiktiven russischen Protagonisten mit ihren Emotionen geschildert. Am Ende steht der glorreiche Sieg Russlands.

In der modernen Kriegsberichterstattung sind Bilder nicht mehr von Worten zu trennen. Doch auch diese mediale Verschmelzung hat ihre Tradition – in der Kunst. Szenen, wie beispielsweise der Grieche Achill den Leichnam des von ihm getöteten Hektor hinter seinem Wagen um Trojas Stadtmauern schleift, waren ein beliebtes Motiv antiker Vasenmalerei.

Der Maler Picasso (1881–1973) stellt in seinem Bild „Guernica“ den faschistischen Bombenangriff auf ein baskisches Dorf dar. Durch seine riesigen Ausmaße (315 x 782 cm) und seine düsteren Farben schockierte das Werk die Besucher der Weltausstellung 1937 in Paris. Picassos schmerzverzerrte, sterbende Gestalten wurden Opfer besonderer Brutalität. Helden zeigt das Bild nicht. Picasso ordnete an, dass „Guernica“ in Spanien nicht ausgestellt werden dürfe, solange General Franco an der Macht sei.

Der Irakkrieg hat zu einer neuen Form journalistischer Kriegsberichterstattung geführt: dem „embedded journalism“. Wenn Journalisten den Kriegsalltag der Soldaten teilen, bedeutet das ein Bedrohung für ihr Leben. Unter professionellem Blickwinkel scheint eine unvoreingenommene Berichterstattung unmöglich, wenn das Pentagon die Regeln dessen, was überliefert werden darf und was nicht, definiert.

Christian Freis Film „Kriegsfotografen“ aus dem Jahre 2001 zeigt, wie Bilder des Krieges entstehen. Der Held des Films ist James Nachtwey, der seit zwanzig Jahren in Krisengebieten die Auswirkungen von brutaler Gewalt dokumentiert. Nachtwey glaubt an seine Arbeit: „Fotos können Verantwortliche zum Handeln zwingen. Was ich festhalte, wird Teil eines ewigen Archivs unseres kollektiven Gedächtnisses sein.“

Der niederländische Fotograf Eddy van Wessel – dessen Foto aus Tikrit auf dieser Seite zu sehen ist – hat fünf Wochen im Irak verbracht. Seine Aufnahmen des Krieges sind bis zum 22. Juni in der Bastion Oranje im niederländischen Naarden ausgestellt. JUL