Ein unerfassbares Phänomen

Sie glänzt vor allem durch Facettenreichtum: Die Ausstellung „Neue deutsche Architektur“ im Kunsthaus führt 25 Bauten der letzten zehn Jahre vor

Die deutsche Architektur der letzten zehn Jahre anhand von 25 Beispielen und zehn Baumeister-Büros in einer Ausstellung darzustellen: Das wird anlässlich des Hamburger Architektursommers versucht. Das derzeit im Kunsthaus gezeigte Projekt hat nach seiner Berliner Vorstellung hier seine einzige deutsche Station; es wurde zwar auf Hamburger Initiative erdacht, soll aber vom Institut für Auslandsbeziehungen hauptsächlich als Werbung in Ausland geschickt werden. Denn die Beteiligten sind sich einig: Die neue deutsche Architektur wird weltweit bisher ungenügend wahrgenommen.

Allerdings scheint es das präsentierte Phänomen eigentlich gar nicht zu geben: „Die Modernität von Architektur lässt sich gegenwärtig überhaupt nicht mehr stilistisch, formal oder innerarchitektonisch bestimmen. Architektur kann und muss heute in einem gesellschaftlichen Sinne modern sein – oder sie ist es nicht“, schreibt der Kurator der Ausstellung und Leiter des Hamburger Architektursommers, Ullrich Schwarz, der auch Geschäftsführer der hiesigen Architektenkammer ist.

Zwei internationale Jurys haben bei der Auswahl der Bauten und Büros geholfen. Und die haben erstaunlich wenig vom neuen Berlin ausgewählt, sondern auch Gebäude wie Bothe, Richter, Teheranis hoch gelobten Berliner Bogen oder die Sporthalle von Halstenbek, das inzwischen schon mehrfach eingestürzte „Ei“. Zu denken gibt auch, das die neue Synagoge in Dresden wie eine Festung aussieht, und dass das Bundeskanzleramt zahlreiche Elemente eines von gleichen Architekten gebauten Krematoriums aufweist.

So wirft die Ausstellung zumindest indirekt die Frage auf, woran sich Architektur eigentlich bemisst. Von der Hochschule zur Investoren-Präsentation: meist bleibt Architektur in selbstbezüglichen Theoriemodellen befangen. Jenseits schöner Absichten funktioniert die reale Architektur in unseren Städten aber oft nicht besonders – man denke nur an die Mängel der Museumsarchitektur von O. M. Ungers.

Anders als die vom Hamburger Studio Andreas Heller auf vielseitige Verwendbarkeit in Standardelementen designte und mit zehn Stelen mit philosophischen Zeitkommentaren garnierte Ausstellung gibt der Katalog kritischen Überlegungen durchaus Raum. Und so bleibt diese messemäßige Leistungsschau eigentlich kaum mehr als ein Anreiz, sich genau den zu kaufen. HAJO SCHIFF

Di– So 11–18 Uhr; Kunsthaus, Klosterwall 15; bis 24.8.