Heiß mich einen Narren

Schills skurrile Sparidee: Er will Deutschlands größte Sprechbühne, das Schauspielhaus, schließen, um die Weihnachtsmärchen für seine PolizeibeamtInnen zu bewahren. GAL sieht „Barbaren“ am Werk. Bürgermeister und CDU gehen auf Distanz

von PETER AHRENS

Ein paar Wochen war es still um Hamburgs Innensenator Ronald Schill, mit seiner neuesten Idee hat er jetzt wieder die Schlagzeilen für sich. Schill hat bei den Haushaltsberatungen des Senats vorgeschlagen, das Deutsche Schauspielhaus, das größte Sprechtheater in Deutschland, zu schließen. Man dürfe die Kultur beim Sparen nicht ausnehmen, so seine Begründung: Es könne nicht angehen, dass „Beamten das Weihnachtsgeld gekürzt wird und sie mit ihren Kindern nicht mehr ins Weihnachtsmärchen gehen können“, während Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg weiter von Subventionen profitiere.

Auch Senatskollegen und der CDU ist Schills Ausfall sichtlich peinlich. Bereits bei der Sparklausur am Samstag habe der Senat hinter verschlossenen Türen deutlich gemacht, dass dieser Vorschlag nicht umgesetzt werde, beeilten sich alle zuständigen Stellen gestern zu versichern. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) wird mit dem Satz zitiert: „Das Schauspielhaus wird nicht geschlossen, da kann Schill reden, wie er will.“ Die Kulturbehörde ließ verbreiten: „Das Schauspielhaus ist ein Haus mit internationalem Renommee, das Hamburg auszeichnet.“

Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), auf dessen Zustimmung sich der Innensenator beruft, habe allerdings eine engere Kooperation zwischen Schauspielhaus, Thalia-Theater und Kampnagel durchaus eingefordert, heißt es. Peiner ist wie Schill der Meinung, dass „Stromberg das Theater heruntergewirtschaftet“ habe.

Der so attackierte Intendant nannte das „Gerede vom leeren Schauspielhaus Schwachsinn“. Drei Tage vor der Aufsichtsratssitzung des Theaters am Freitag wies er darauf hin, dass sämtliche finanziellen Fragen bereits geklärt seien: „Am Ende der nächsten Saison ist das Defizit ausgeglichen“, zeigte er sich überzeugt. Ansonsten hoffe er, so Stromberg, dass „der Senat ebenso wie wir Schiller statt Schill bevorzugt“.

Die Rückendeckung von SPD und GAL hat er. Der kulturpolitische Sprecher der GAL, Willfried Maier, schäumte: „Die Barbaren sitzen im Senat.“ Schill solle seine künstlerischen Betätigungen lieber „auf die Neukostümierung der Polizei“ beschränken. Und sein SPD-Pedant Holger Christier stellte fest: Angesichts der Schwäche von Kultursenatorin Dana Horáková sei „die Kulturszene zum Freiwild politischer Kunstschützen geworden“. Wenn der Innensenator tatsächlich einen Sparbeitrag leisten wolle, dann solle er „sein Gehalt seiner Arbeitsleistung anpassen, also mindestens halbieren“.

FDP-Fraktionschef Burkhard Müller-Sönksen bewertete Schills Vorstoß gestern zurückhaltend als „kontraproduktiv“. Auch CDU-Hardliner Karl-Heinz Ehlers, der als kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion gilt, vermochte keine Rückendeckung für Schills neueste Skurrilität aufzubringen: „Der Senat hat seine Entscheidung über notwendige Sparpläne und gegen eine Theaterschließung getroffen. Es ist jetzt wenig hilfreich, dies nachträglich in Frage zu stellen.“