Symbolik als Erfolgsbeweis in Bunia

Französische Eingreiftruppe im kongolesischen Bunia vereinbart mit der herrschenden Miliz UPC einen Rückzug ihrer Truppen. Zugleich eskalieren im gesamten Osten des Kongo die Kriege, und der UNO fehlen die Mittel zur Durchsetzung von Frieden

von DOMINIC JOHNSON

Es war ein Erfolg für die französische Eingreiftruppe im nordostkongolesischen Bunia. Seit gestern früh sollen keine bewaffneten Kongolesen mehr in der lange zwischen Milizen umkämpften Stadt herumlaufen. „Das Ziel ist die Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit aller Kongolesen und das Verschwinden aller sichtbaren Waffen aus der Stadt“, erklärte der französische Militärsprecher Gérard Dubois.

Eine Entwaffnungsaktion, wie von zahlreichen unabhängigen Gruppen gewünscht, ist das allerdings nicht. Die Rebellenbewegung UPC (Union kongolesischer Patrioten), die den größten Teil Bunias beherrscht und deren Kämpfer größtenteils zum Volk der Hema gehören, hat ihre Truppen einfach aus der Stadt zurückgezogen, mit Ausnahme ihres eigenen Hauptquartiers. UPC und Franzosen vereinbarten das gütlich bei Gesprächen ihrer Führungen am vergangenen Samstag. Die Franzosen stellten das hinterher als 72-stündiges Ultimatum an die UPC dar; das ist ein genauso inhaltsleeres Auftrumpfen wie die Behauptung der UPC, es gebe jetzt eine Arbeitsteilung, wonach die Franzosen Bunia sichern und die UPC das Umland. Jeder hat seinen Stolz behalten.

Für den Erfolg der EU-geführten internationalen Militärintervention in Bunia ist das zwar wichtig. Die Kriege in Ituri beendet es allerdings nicht. Weil die Regierungen Kongos, Ugandas und Ruandas alle an ihren lokalen Verbündeten festhalten und diese nach wie vor einander bekriegen, bleibt der Nordosten Kongos ein Pulverfass.

Nördlich von Bunia, in der Nähe des französisch kontrollierten Flughafens, steht eine von Uganda unterstützte Hema-Rivalin zur UPC. Südlich von Bunia haben die mit den Hema verfeindeten Milizen des Lendu-Volkes die Oberhand. Sie genießen die Unterstützung von Kongos Regierung unter Präsident Joseph Kabila. Hema- und Lendu-Gruppen bekämpfen einander im Gebiet zwischen Bunia und Ugandas Grenze. Letzte Woche wurden in der bergigen Grenzregion zwei französische Hubschrauber beschossen und zur Notlandung in Uganda gezwungen.

Noch weiter südlich tobt Krieg zwischen Verbündeten der Regierungen Kongos und Ruandas. Hier rivalisiert die von Ruanda unterstützte RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die mit Bunias UPC zusammenarbeitet, mit der von Kongos Regierung unterstützten RCD-ML (RCD-Befreiungsbewegung), die die Lendu-Milizen von Ituri unter ihre Fittiche genommen hat. Als Anfang Juni in Bunia die ersten Franzosen landeten, überschritten RCD-Einheiten eine seit rund vier Jahren bestehende Demarkationslinie zwischen ihrem Gebiet und dem der RCD-ML und lösten eine Kriegsrunde aus, die nach UN-Schätzungen bereits 200.000 Menschen in die Flucht getrieben hat – die meisten davon waren allerdings bereits vorher Kriegsvertriebene.

Die RCD eroberte bei ihrer Offensive mehrere Städte, zuletzt vor einer Woche das 150.000 Einwohner zählende Lubero, bevor sie bei UN-vermittelten Verhandlungen in Burundi am Donnerstag einen Waffenstillstand mit Kongos Regierung schloss. Kleinere Scharmützel gehen offenbar dennoch weiter, und RCD-Einheiten sollen sich kurz vor Butembo befinden, mit über 500.000 Einwohner die größte Stadt der Region.

Laut dem Waffenstillstandsabkommen soll sich die RCD nun auf die alte Demarkationslinie zurückziehen, und Kongos Regierung soll ihre Soldaten auf dem Gebiet der RCD-ML zurücknehmen. Um das durchzusetzen, fehlen der UN-Mission im Kongo (Monuc) jedoch die Mittel. In Beni, der Hauptstadt der RCD-ML, gibt es nur acht UN-Beobachter, von denen zwei letzte Woche von RCD-ML-Anhängern entführt und mehrere Tage im Wald festgehalten wurden. Die RCD-ML ist sauer auf die UNO, weil deren Beobachter den Angriff der RCD nicht verhinderten.

Eine Stärkung der UNO in ganz Ostkongo scheint daher unausweichlich, wenn der französische Einsatz in Bunia mehr bewirken soll als punktuelle Sicherheit. Alle Gruppen blicken mit Argusaugen auf die Entwicklung in Bunia als Testfall für das weitere internationale Engagement im Kongo. So schickte die Regierung Kabila, die Frankreich als Verbündeten betrachtet, Ende letzter Woche probeweise ein Flugzeug voller bewaffneter Polizisten nach Bunia. Die Eingreiftruppe war empört und schickte die Männer zurück.

Dies war für die Militärintervention vielleicht ein wichtigerer Erfolg als die Einwilligung der UPC, ihre Gewehre und Soldaten zunächst außer Sichtweite zu lassen. Denn mit dem UPC-Abzug könnte die Sicherheit in Bunia geringer statt größer werden, weil nicht genug Eingreifsoldaten in der Stadt stehen, um die UPC abzulösen. Bereits am Montagabend flohen zahlreiche Hema aus Stadtvierteln, in denen sie Lendu-Angriffe erwarteten. Prompt drangen gestern früh Lendu-Milizen in Bunias Außenviertel ein, und die Franzosen wurden in Gefechte verwickelt. Die Legitimation der Eingreiftruppe verschwindet, wenn durch ihre Entscheidungen Bunia unsicherer wird.