Schnüffelei beschäftigt Gerichte

Nachdem Journalisten pikante Firmeninterna des finnischen Telefonkonzerns Sonera veröffentlichten, begab sich der Konzern auf die Suche nach „undichten“ Stellen. Führende Manager ordneten die Überwachung von Telefonanschlüssen an

aus Helsinki REINHARD WOLFF

Dass man die Telefonanschlüsse seiner Kunden nicht abhört, weiß man auch bei der finnischen Telekomgesellschaft. Doch besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen, dachten führende Manager des finnischen Sonera-Konzerns.

Nachdem Journalisten pikante Details über den Konzern veröffentlicht hatten, ordnete die Unternehmensführung die Überwachung von Telefonanschlüssen an. Mit Daten von eingeloggten Handys an Sendemasten erstellte das Unternehmen regelrechte Bewegungsmuster der Überwachten. Die Schnüffelaktion blieb natürlich auch nicht geheim. Demnächst stehen führende Sonera-Manger in Helsinki vor Gericht.

Begonnen hatte Soneras Big-Brother-Affäre, über die derzeit fast täglich neue pikante Einzelheiten aus den Ermittlungen bekannt werden, vor drei Jahren. Im Herbst 2000 veröffentlichte Finnlands größte Tageszeitung Helsingin Sanomat eine Serie über den finnischen Telekomkonzern, dessen interne Probleme und Streitereien über den Unsinn der gewaltigen UMTS-Investitionen. Einige Monate vorher hatte Sonera eine der kostspieligen deutschen UMTS-Lizenzen mit ersteigert – die größte Fehlinvestition eines finnischen Unternehmens, wie sich später herausstellte.

In den Presseberichten wurden zwar keine allzu brisanten Geschäftsgeheimnisse veröffentlicht. Einige Sonera-Interna kamen aber an Licht, was Teile der Unternehmensleitung offenbar deutlich irritierte. Um den Quellen der Informationen von Helsingin Sanomat auf die Spur zu kommen, wurde die Sicherheitsabteilung von Sonera mit der Überwachung beauftragt – technisch kein Problem, rechtlich illegal.

Nicht nur der vollständige Telefonverkehr recherchierender Reporter und ihrer GesprächspartnerInnen wurde rückwirkend aufgelistet, sondern anhand der Handymastenscans ein vollständiges Bild erstellt, wo genau diese sich in den „kritischen“ Tagen ihrer Recherchen aufgehalten hatten. Mit dem Abgleich der Aufenthaltsorte anderer „Verdächtiger“ war es dann sogar möglich, persönlichen Treffen auf die Spur zu kommen.

Für Sonera, das mittlerweile mit der schwedischen Telekomgesellschaft zu Telia-Sonera fusioniert hat, bedeutet die Affäre einen herben Imageverlust. Daran ändert auch nichts, dass wahrscheinlich nur ein Teil der Unternehmensführung in die Kontrollaktion verwickelt war und andere Manager aus der Chefetage überwacht wurden. Sowohl die Presse als auch die eigenen Kollegen wurden offenbar bespitzelt.

Wie die Ermittlungsbehörden gerade mitteilten, wurde auch der gesamte SMS-Verkehr der überwachten Personen zurückverfolgt. Nach bisherigen Erkenntnissen registrierte Finnlands Big Sonera-Brother auf diese Weise den Telefonverkehr von etwa 50 Personen über mehrere Wochen lang. Da in die Schnüffelaktion auch alle Gesprächspartner der Manager und Journalisten geraten sind, dürften indirekt tausende Telefonkunden von der Affäre betroffen sein.