Das Holz gestaltet mit

Der Bildhauer David Nash sagt: „Holz unterrichtet mich.“ Gleichzeitig bringt er bei seiner Ausstellung im Gerhard-Marcks-Haus sein Wissen über den Raum ein, das viel mit Minimal Art zu tun hat

Mit der künstlerischen Ko-Produktion ist das so eine Sache. Sie haben’s nicht gern, die Künstler, wenn andere mitwerkeln, die Frage der Autorenschaft soll eindeutig geklärt sein. Also verschanzt man sich alleine im Atelier und bevorzugt Materialien, mit denen sich bequem in die Geschichte eingehen lässt: Bronze hält lang. Marmor auch. Holz – geht so.

Für den britischen Bildhauer David Nash war das nie ein Problem. Seit dreißig Jahren arbeitet Nash mit Holz, Bauholz, verbranntem Holz, Holz von Palmen, Eichen oder Linden. Und das mit einer gewissen Demut: „Holz unterrichtet mich. Die Art, wie verschiedene Hölzer auf Wasser reagieren, welche Härte sie haben – jedes Holz hat seine eigene Qualität. Ich finde diese Qualitäten und sie werden zu einer Sprache für mich.“

Nash arbeitet zusammen mit der Natur, seine Skulpturen leben davon, dass er ganz bewusst die Zügel aus der Hand gibt und abwartet, was das Holz macht – beispielsweise nachdem er es unter Wasser gesetzt hat und wieder trocknen lässt. Das Holz gestaltet mit. Und Nash schafft es, das Land Art-Prinzip des Prozesshaften ins Museum zu überführen: Ab Sonntag zeigt das Gerhard-Marcks-Haus eine Auswahl der Skulpturen von David Nash, von dessen ersten Experimenten in den 1970er Jahren bis hin zu aktuellen Arbeiten.

Egal, um welche Schaffensperiode es geht: Nash mag keine Geheimnisse, vor allem nicht, was die Titel seiner Objekte betrifft. Ein überdimensionales Ei aus Palmenholz steht da leicht schräg im Raum und heißt schlicht „Palm Egg“. Daneben eine kantige Säule aus übereinandergeschichteten Holzplatten mit dem Titel „Cracked Column“. Und gegenüber eine Säule aus drei organisch gerundeten Elementen, auf denen sich jeweils glatte Oberflächen und Längsschnitte abwechslen: „Rip Cut Column“.

Alle drei Skulpturen sind aus totem Holz entstanden, und das ist Nash wichig: Er verwendet nur abgestorbene Materialien, einerseits, weil er das Lebende erhalten will, andererseits, weil er zeigen möchte, dass sich aus dem toten Holz durch entsprechende Behandlung noch einiges Leben holen lässt. Bäume sterben aufrecht. Der Witz ist nur: Als sich selbst verformendes Material ist ihr Holz nicht tot.

Gepaart ist Nashs Gespür für sein Material mit der radikal reduzierten Formensprache der Minimal Art. Nash studierte in den 1960er Jahren Kunst in Brighton und London, flüchtete aber vor dem Wettbewerb und der Profilierungssucht in der Großstadt aufs Land, wo er zunächst die Land Art entdeckte und die theoretischen Diskussionen mit sinnlicher künstlerischer Arbeit vertauschte. Von den Fragestellungen der Minimal Art ist bei der Bremer Ausstellung allerdings eines geblieben: Nash arbeitet mit den Räumlichkeiten vor Ort, setzt Ruhe und Spannung ins Verhältnis. Erster Schritt vor der Zusage der Ausstellung, so Kustos Arie Hartog, sei ein Besuch Nashs im Gerhard-Marcks-Haus gewesen, um den Ort zu begutachten.

Außerdem ein zentraler Aspekt in der Kunst von Nash ist ihr pädagogischer Anspruch: Als Gegenpol zur Virtualisierung der Welt durch Fernsehen und Computer möchte Nash, dass „Kinder ihre Umwelt wieder physisch wahrnehmen lernen.“ Dem entsprechend bietet er immer wieder Führungen für Lehrer an und wirkt daraufhin, dass ein dezidiert kinderfreundlicher Ausstellungskatalog entstand: Gut verständliche Begleittexte und kleine Aufgaben sollen die Ausstellung für Schüler interessant machen. Um das Kennenlernen der Natur solle es dabei gehen, so Nash – ein Künstler also auch für Kinder. Autorenschaft? Egal.

Klaus Irler

vom 17. August bis zum 2. November im Gerhard-Marcks-Haus. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Weitere Infos: www.marcks.de