Gewusst wie !?!

Eine Ausstellung über Ausstellungen im Bremer Künstlerhaus gibt Rätsel auf: Ist man schlicht zu blöd – oder ist die Schau zu trivial?

Wie entsteht heute ein Archiv über Kunstausstellungen? „Curating Degree Zero Archive“ lautet die Antwort, zu sehen bis 30. September im Künstlerhaus Bremen. Man nehme: 60 internationale KuratorInnen, lässt sie – oft von ihren eigenen Ausstellungen – Werbekataloge, CD‘s und Videos an Dorothee Richter schicken.

Frau Richter sammelt das nämlich und wollte es gerne einmal öffentlich machen. Aber nein, nicht in Buchform. Neeeein, auch nicht als DVD.

Jetzt sucht sich Frau Richter eine günstige Werbeagentur in der Schweiz, die das Material in quietschbunteTaschen packt: in Handtaschen, Ledertaschen, Reisetaschen. Fehlt nur noch die Namenslasche an der Tasche – fertig ist das Archiv, eine Ausstellung über Ausstellungen.

Achso, natürlich bedarf es noch der hippen Aufbahrung der Exponate: In Bremen wurde für die Wanderausstellung ein neongrüner Laufsteg ausgesucht. In Basel, wo die Ausstellung ihren Lauf nahm, wurden die Taschen sogar auf Gepäckwagen gestellt! Und in Genf sogar auf Podeste gepackt!

Fein, denkt sich der Kunstliebhaber, ein Ausstellungs-Archiv ist entstanden, prall gefüllt mit allem, was man braucht, um an Vernissage-Abenden Kunstwerke rotweinschwingend terminologisch korrekt zu analysieren.

Fein, denkt sich auch die Bundeskulturstiftung, die sammeln ja so allerhand, und bevor die Kultur nachher noch verschwindet, Mensch, da fördern wir das doch mal. Schließlich soll die Ausstellung am Ende auch wissenschaftlich genutzt werden - wie, das weiß Frau Richter aber noch nicht so genau.

Gesammelt werden jedenfalls nur „kritische“ KuratorInnen. Das sind, zumindest in der Richterschen Definwillition all jene, die sich mit Urbanismus, Postkolonialismus, Kapitalismus und anderen bösen -ismen dieser Welt beschäftigen.

Frau Richter erklärt ihr Konzept folgendermaßen: Wenn das kontingente Kunstobjekt verschwindet und das in sich geschlossene Kunstwerke langsam auflöst, beginnt die Suche nach neuen Diskursformen. Ah.

Hierbei will das Archiv keine geschlossene Erzählung begründen, sondern ein uneinheitliches Angebot an divergierenden Positionen erkennbar machen und Widersprüche als Erkenntnismöglichkeit nutzen. Aha

Eine knappere Definition hat Barnaby Drabble gefunden. Der Mitorganisator der Ausstellung sprach zur Eröffnung schlicht von einer „reisenden Bibliothek“. Punkt. Jan Grundmann

„Curating Degree Zero Archive“ im Künstlerhaus Bremen, mittwochs, donnerstags und freitag jeweils von 15 bis18 Uhr, sonntags von 12 bis 15 Uhr. Noch bis zum 30 September.