Vietnams Spitzel entscheiden …

… und kassieren gleich mit. Der Umgang mit vietnamesischen Asylbewerbern in Deutschland ist rechtsstaatlich fragwürdig. Beamte des Hanoier Geheimdienstes prüfen auf deutschem Boden die „Rückübernahme“ – und verzögern sie gegen Bares

aus Berlin MARINA MAI

Abgelehnte vietnamesische Asylbewerber sehen sich einer fragwürdigen Situation ausgesetzt: Die Frage, ob sie in Deutschland bleiben dürfen, entscheiden nicht allein hiesige Ausländerämter, sondern auch Landsleute. Nach einem Bericht von „Report München“ ist der vietnamesische Geheimdienst entscheidend an der Rückführung von Vietnamesen beteiligt.

„Report“ hatte zwei Gespräche vietnamesischer Geheimdienstler in Deutschland mit abgelehnten Asylbewerbern mit versteckter Kamera gefilmt. In beiden Fällen hatten die Sicherheitsleute ihren ausreisepflichtigen Landsleuten einen Deal vorgeschlagen: Vietnam stimmt der Wiederaufnahme des Mannes nicht zu – im Gegenzug bezahlt dieser Geld an den Kontaktmann des Geheimdienstes. Fließt kein Geld, drohen den Männern in Vietnam Repressalien. Einem der Männer wurde gegen die jährliche Zahlung von 5.000 Euro sogar ein französischer Pass angeboten. „Das zeigt die Verbindung dieses Geschäftes in die organisierte Kriminalität hinein“, meint „Report“-Redakteur Andreas Bachmann.

Vietnam hatte sich bis 1995 geweigert, abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen, weil diese nach vietnamesischem Recht ihre Heimat illegal verlassen hatten. In einem 1995 geschlossenen deutsch-vietnamesischen Abkommen hatte Vietnam zugestimmt, seine Staatsbürger wieder ins Land zu lassen – nach einer komplizierten Identitätsprüfung. Weil das oft Jahre dauerte, lässt die Bundesregierung seit dem vergangenen Jahr Beamte des Hanoier Ministeriums für öffentliche Sicherheit in Deutschland diese Prüfungen vornehmen. „Das sind reine Expertenanhörungen nach deutschem Recht zur Feststellung der Herkunft und der Identität der ausreisepflichtigen Vietnamesen“, erklärt die Sprecherin des Bundesinnenministeriums Ingrid von Stumm. „Wir haben keinen Grund, etwas anderes anzunehmen.“ Der PDS-Parlamentarierin im Berliner Abgeordnetenhaus Karin Hopfmann ist diese Haltung zu lasch – sie fordert Konsequenzen: Bis zur Klärung der Vorwürfe sollte jede Zusammenarbeit mit dem Hanoier Ministerium unterbleiben.

In einem sechs Monate zurückliegenden Fall hatte ein ausreisepflichtiger Vietnamese „Report“ zufolge 600 Euro an den Beamten gezahlt, der im Auftrag der Deutschen Anhörungen durchführt. Vietnam verzögerte daraufhin die Rückübernahme für sechs Monate. Die PDS-Frau Hopfmann sieht die Gefahr, dass Vietnamesen auf diese Weise für den vietnamesischen Geheimdienst erpressbar werden.

Das Ministerium für öffentliche Sicherheit in Hanoi, das die Experten nach Deutschland entsendet, erfüllt klassische Aufgaben eines Innenministeriums. In seine Zuständigkeit fällt aber auch der gesamte Geheimdienst. Vu Quoc Dung, Vietnam-Experte der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, fordert deshalb von den deutschen Behörden, sich genau anzuschauen, von welchen Abteilungen die angeblichen Experten sind. Für ihn erfüllen die entsendenden Abteilungen A 18 und A 36 Geheimdienstaufgaben. Sie würden ihren von der Bundesregierung mit Diplomatenpässen legalisierten Aufenthalt in Deutschland zur Ausspionierung oppositioneller Tätigkeiten von Vietnamesen missbrauchen.

Tamara Hentschel vom deutsch-vietnamesischen Verein „Reistrommel“ in Berlin beobachtet, dass sich die Integration von Vietnamesen seit etwa drei Jahren umkehrt. Statt sich stärker mit der deutschen Gesellschaft zu identifizieren, bauen sie wirtschaftliche Substrukturen auf, die stark mit vietnamesischen Behörden und mit mafiosen Strukturen verflochten sind.