Schwuso in Verdacht

Bundeschef des SPD-Homoverbands legt sein Amt nieder. Staatsanwälte ermitteln wegen Jugendpornografie

BREMEN taz ■ Morgens um halb elf war das Konterfei von Michael Engelmann von der Homepage der Bundes-Schwusos verschwunden. Stattdessen lächelte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit von der Startseite der „Schwulen und Lesben in der SPD“. Gegen Engelmann, bis gestern Bundesvorsitzender der Schwusos, wird wegen des Verdachts der Verbreitung pornografischer Schriften ermittelt. Schon tags zuvor legte der 34-Jährige sein Mandat als Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft nieder.

Die Bremer Staatsanwaltschaft äußerte sich bislang nicht zu den konkreten Vorwürfen gegen Engelmann. Wie der Oberstaatsanwalt Horst Nullmeyer bestätigte, wurde die Privatwohnung Engelmanns am Abend des 8. Oktober durchsucht. Ein Computer wurde beschlagnahmt, die Untersuchung der Festplatte könne aber noch Wochen dauern.

Kurz vor der Hausdurchsuchung und am Rande des gerade tagenden Landesparlaments war im Geschäftsordnungsausschuss der Bürgerschaft die Immunität des SPD-Abgeordneten aufgehoben worden. Der Weg für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war damit frei.

Dem Vernehmen nach konzentriert sich der Verdacht auf den Besitz kinder- und jugendpornografischen Materials nach Paragraf 184 des Strafgesetzbuches. Engelmann selbst sagte gestern auf Nachfrage, er wolle sich zu den Vorwürfen nicht öffentlich äußern. Er habe Akteneinsicht beantragt, um mit seinem Anwalt den Umfang der Vorwürfe zu ermessen.

Sowohl die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft als auch die Bundes-Schwusos reagierten „überrascht und bestürzt“ auf die Nachricht. Die SPD hoffe auf schnelle und umfassende Aufklärung. „Wir erwarten hierbei auch eine aktive Mitarbeit von Michael Engelmann“, hieß es nach einem Gespräch mit der Fraktionsspitze am Donnerstagabend. Die Bremer SPD halte einen Parteiausschluss für zwingend, wenn sich die Vorwürfe bestätigen, so der Landesgeschäftsführer Roland Pahl.

„Wir haben den Schock immer noch nicht überwunden“, sagte der Bremer SPD-Landesvorsitzende Detlev Albers in einer ersten Reaktion. „Für die Sache der Schwulen und Lesben ist ein großer Schaden entstanden, zumal Michael Engelmann seit Jahren an exponierter Stelle für die Rechte gleichgeschlechtlicher Lebensbeziehungen eingetreten ist.“ Dieses Engagement sei richtig und wichtig, „solange die rote Linie der Abgrenzung zu Kindesmissbrauch nicht überschritten wird“.

Die Schwusos nahmen Engelmanns Rücktritt in einer in der Nacht zum Freitag verbreiteten Erklärung an und dankten ihm zugleich für die bisher geleistete Arbeit. Bis zum Bundesauschuss der Schwusos am 8. November werden die beiden Stellvertreter die Geschäfte fortführen.

Engelmann, seit 1990 Mitglied der SPD, wurde 1999 in die Bremische Bürgerschaft gewählt. Im Jahr zuvor hatte er den Bremer Landesverband der Schwulen und Lesben in der SPD gegründet. 2002 wurde er zum Bundesvorsitzenden gewählt.

ELKE HEYDUCK