Börse unlogisch

Gewinne rauf, Kurs runter: Die Börse spiegelt nicht immer die Unternehmenswerte, sondern handelt Erwartungen

Es ist mitunter schwer, die Logik der Börse zu erfassen – oder gar überhaupt an eine Logik der Börse zu glauben. Denn manchmal scheinen Bewegungen der Märkte keinen logischen ökonomischen Gesetzen mehr zu folgen.

Da berichtet eine Gesellschaft von über 20 Prozent Gewinnanstieg im abgelaufenen Geschäftsjahr, und an der Börse wird der Aktienkurs dieser Gesellschaft regelrecht verprügelt. Da schütteln viele Anleger die Köpfe und manche Kommentatoren rücken die Börse in die Nähe des Spielkasinos. Doch damit wird der Institution Börse Unrecht getan.

Im besagten Falle kann es zum Beispiel sein, dass der Gewinn zwar 20 Prozent gestiegen ist, die Anleger jedoch ein Plus von 30 Prozent erwartet hatten. Dann liegt die Enttäuschung auf der Hand. Möglich ist auch eine andere Konstellation: Die vorgelegten Zahlen entsprechen zwar den Erwartungen der Anleger und Analysten oder sind sogar besser, doch stimmt der vom Vorstand gegebene Ausblick auf die weitere Entwicklung im neuen Geschäftsjahr eher skeptisch. Sei es, dass ganz konkret von geschäftlichen Einbußen die Rede ist oder dass sich der Vorstand wegen allgemeiner oder branchenmäßiger Unsicherheiten gar nicht in der Lage sieht, überhaupt eine Prognose abzugeben.

Das soll nicht heißen, dass Anleger nicht auch gelegentlich übertreiben; sei es in einer euphorischen Phase – wie 1999 bis ins Frühjahr 2000 – nach oben; oder sei es in einer depressiven Phase wie derzeit nach unten. Aber gerade diese Übertreibungsphasen bieten dem pfiffigen Anleger die Chance von guten Gewinnen. BRUNO HIDDING