Kassenkampf gegen Unrad

Wo Müll ist, lauert Kriminalität, wo geradelt wird, ist das Gemeinwesen in Gefahr: Innensenator Dirk Nockemann (Schill) auf Visite beim „städtischen Ordnungsdienst“, der Wege und Wiesen an der Außenalster schwerpunktmäßig säubern soll

von ELKE SPANNER

Gefahren lauern überall, und an diesem Tag sind die Gesetzeshüter des städtischen Ordnungsdienstes (SOD) angetreten, sie am Alsterufer zu beseitigen: Vor allem RadfahrerInnen und Hunde haben die uniformierten Männer im Visier. Für den stellvertretenden Leiter des SOD, Thomas Schwesig, ist der „Schwerpunkteinsatz“ ein großer Erfolg: Zehn Ordnungswidrigkeiten haben sie im Laufe von zwei Stunden schon aufgespürt und die TäterInnen die volle Härte des Bußgeldkataloges spüren lassen. „Nur aus dem Bereich Vermüllung“, gibt Schwesig Auskunft, als Innensenator Dirk Nockemann (Schill) höchstselbst zur Visite vor Ort erscheint, „haben wir nichts zu vermelden“.

Nockemann ist dennoch zufrieden mit dem SOD. Der ist zum Jahreswechsel noch von seinem Vorgänger Ronald Schill gegründet worden, der der Meinung war, dass Müllbeseitigung Chefsache und folglich bei der Innenbehörde anzusiedeln sei. Auch vorher gab es schon städtische MitarbeiterInnen, die sich um Regelverstöße wie Vandalismus, das Entsorgen ausrangierter Autos am Straßenrand und unangeleinte Kampfhunde gekümmert haben, aber die waren in den Bezirken angesiedelt. Und das, behauptet Nockemann, „hat nicht funktioniert“. Ob die zentrale Anbindung an die Innenbehörde Erfolge zeigt, wird erst in zwei Jahren evaluiert. Bis dahin wird das Personal von derzeit 30 auf 70 MitarbeiterInnen aufgestockt.

Für Nockemann sind „Sicherheit und Sauberkeit eng miteinander verzahnt“. Da an schmuddeligen Flächen seiner Theorie zufolge Kriminalität entsteht, wird der SOD künftig den Schwerpunkt seiner Arbeit noch mehr auf „Vermüllung“ legen. „Derjenige, der seine Stadt rücksichtslos verschmutzt, muss dafür zur Kasse gebeten werden“, findet der Innensenator. Wobei das mit der Kasse bisher noch nicht so richtig funktioniert. Zielvorgabe war eigentlich, dass der SOD kostendeckend arbeiten und dafür pro Jahr 2,8 Millionen Euro an Bußgeldern eintreiben sollte. Bisher hat er es auf rund 83.000 Euro gebracht.

Am Alsterufer kostet das Radfahren zwischen 30 und 75 Euro. Zwar ist kaum zu erkennen, dass das Radeln dort überhaupt verboten ist – das einzige Hinweisschild steht am Rande der Alsterwiese und scheint sich auf diese und nicht auf den breiten Fußweg zu beziehen. Dennoch greifen die SOD-MitarbeiterInnen rigoros durch: Fahrradfahren „in mäßigem Tempo“, erläutert Schwesig, kostet 30 Euro. Wer „schnell und unter Beeinträchtigung anderer Personen“ daherkommt, ist sogar mit 50 Euro dabei, und „übermäßige Geschwindigkeit“ wird mit 75 Euro geahndet. Da keine Blitzanlagen für RadlerInnen rund um die Alster installiert sind, müssen die SOD-MitarbeiterInnen selbst beurteilen, wie schnell ein nahender Radler denn nun war.

„Im Winter sind die Radwege hier nicht benutzbar, weil überall Baumwurzeln herausbrechen“, weiß ein Radfahrer, der soeben erwischt wurde und seinem Tempo zufolge schätzungsweise bei 30 Euro anzusiedeln ist. „Dass man beim Ausweichen auf andere Wege eine Strafe bezahlen soll, ist jenseits aller Verhältnismäßigkeit.“