EU-Referendum in Rumänien erfolgreich

Wider Erwarten und auf massiven Druck der Regierung hin gibt es doch noch eine Mehrheit für eine neue Verfassung

BERLIN taz ■ Geschenke und Gewinnspiele für Stimmwillige, Drohungen mit Sanktionen gegen Nichtwähler, mobile Wahllokale auf Straßen und in Supermärkten – nichts haben Rumäniens Machthaber unversucht gelassen, um ihr Referendum vom Wochenende über eine neue, EU-konforme Verfassung im letzten Augenblick durchzupeitschen.

Zunächst sah es so aus, als scheitere das Referendum. Am Sonntagabend, nach Schließung der Wahllokale um 22 Uhr, dann der wundersame Erfolg: 55 Prozent Wahlbeteiligung. Die Abstimmung war damit gültig. Vier Stunden zuvor hatte die Wahlbeteiligung noch bei 45 Prozent gelegen, am Samstag, dem ersten Tag der Volksabstimmung, waren gar nur 14 Prozent der Wahlberechtigten erschienen. Nach Bekanntwerden des Ergebnisses sprach die Opposition von Wahlfälschung.

Knapp 18 Millionen Menschen waren in Rumänien am Wochenende aufgerufen, über eine weitreichende Verfassungsreform abzustimmen. Rund 90 Prozent votierten für die Verfassungsänderungen, wie die Auszählung am Montag ergab.

Die meisten Änderungen wurden mit Blick auf Rumäniens für 2007 geplanten EU-Beitritt vorgenommen. So wird Privateigentum in Rumänien künftig besser geschützt, EU-Bürger dürfen in Rumänien Grund und Boden erwerben und in Lokal- und Kommunalverwaltungen gewählt werden. Auch Menschen-, Bürger- und Minderheitenrechte wurden gestärkt.

Verfassungsänderungen bedürfen in Rumänien neben einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit auch eines Referendums. Die Regierung hatte die Volksabstimmung erst vor wenigen Wochen angesetzt und schlecht organisiert. Hauptgrund für die schwache Wahlbeteiligung dürfte jedoch die weit verbreitete Frustration über die korrupte regierende „Sozialdemokratische Partei“ (PSD) und die chaotischen Zustände in der Staatsverwaltung gewesen sein.

In dieses Bild passte auch der Hergang des Referendums, der einer Farce glich: Pfarrer predigten in Gottesdiensten auf Gläubige ein, zur Abstimmung zu erscheinen, und vielerorts drohten Bürgermeister, Nichtwählern werde die Sozialhilfe gekürzt. Bei der zentralen Wahlkommission gingen zahlreiche Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten und Fälschungsverdachten ein. Zeitungskommentatoren witzelten, die Regierung solle noch einmal auszählen lassen und werde dann sicher auf 99 Prozent Zustimmung kommen.

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