Gegen allen Widerstand

Trotz massiver Kritik drückt Bildungssenator Lange die Berufsschulreform in abgespeckter Form durch. Als Zugeständnis gibt es keine Mammutzentren

Trotz des massiven Widerstands von Lehrern und Ausbildern setzt Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) die Überführung der Hamburger Berufsschulen in eine Stiftung durch. Nach einem Krisengespräch über die umstrittene Reform mit Vertretern der Wirtschaft und Bürgermeister Ole von Beust (CDU) kündigte Lange gestern an, die Stiftung Berufliche Schulen solle zum Schuljahr 2004/2005 gegründet werden. Einziges Zugeständnis an die Schulen: Anders als geplant werden sie nicht zu Zentren zusammengefasst. Lange sagte: „Das Wort Zentrum wollen wir nicht mehr verwenden.“

Der Senator kündigte an, dass alle Standorte der 48 Schulen erhalten bleiben und „so ihre Identität“. Das dürfte Lehrerschaft und Betriebe freuen. Sie hatten immer wieder darauf verwiesen, dass durch die Fusion der Schulen zu Mammutzentren die Kooperation erschwert würde.

Zugleich hatten Pädagogen und Ausbilder den Plan bemängelt, Geschäftsführer an die Spitze der Schulen zu setzen und der Wirtschaft die Fachaufsicht zu überlassen. Die Skepsis ist in der Auswertung von 50 Workshops dokumentiert, die für die Reform an den Schulen warben. Handwerks- und Handelskammer hatten sich indes zu der Reform bekannt. Sie versprechen sich von der Neuordnung mehr Ausbildungsplätze.

Wie Lange gestern erklärte, werde man an dem Plan festhalten, langfristig an die Spitze der Schulen einen Geschäftsführer und Pädagogen in Personalunion zu stellen. Derzeit würde aber nicht an personelle Wechsel in den Schulleitungen gedacht. Um die wirtschaftliche Kompetenz der leitenden Pädagogen zu stärken, würden ihnen Prokuristen zur Seite gestellt, kündigte Lange an. Die Sorgen der Lehrer, die Fachaufsicht an die Wirtschaft zu verlieren, versuchte der FDP-Politiker zu beschwichtigen: „Der Staat hat immer das letzte Wort.“ Peter Becker, Chef der Handwerkskammer war der Ansicht, die Wirtschaft könne Anregungen für die Lehrpläne geben. „Es ist sinnvoll, die Lehrer auf aktuelle Entwicklungen hinzuweisen, so dass im Unterricht nachgebessert werden kann“, meinte Becker. Er lobte die Stiftung als einen „richtungsweisenden Schritt“. Jetzt könne die Wirtschaft mehr Verantwortung in der Ausbildung übernehmen.

Derweil warf die SPD-Fraktion dem Senator vor, nach dem Motto „Augen zu und durch“ zu agieren. Das Modell sei am Praxistest gescheitert, sagte die schulpolitische Sprecherin Britta Ernst. Es schaffe eine aufgeblähte Bürokratie, aber keine Ausbildungsplätze. Lange klammere sich daran, um einen weiteren Gesichtsverlust zu vermeiden. EVA WEIKERT