Vielstimmigkeit beendet

Ideenreservoir und Dynamo der Dauerausstellung: Zu seinem 20. Jubiläum muss der Arbeitskreis Frauen im Museum der Arbeit seine Aktivitäten einstellen

von CAROLA EBELING

„Der Ansatz vom Arbeitskreis Frauen im Museum der Arbeit, war ja fundamental, fundamentalistisch geradezu: Es ging um die Umschreibung der Hamburger Geschichte“, sagt Elisabeth von Dücker, Wissenschaftlerin am Museum der Arbeit. Auch die Künstlerin Hildegund Schuster ist im Arbeitskreis aktiv, und beide sind gleich mittendrin in dessen sehr lebendiger Geschichte. Eine 20 Jahre währende Geschichte, die unlösbar mit der des Museums verknüpft ist.

Gründungsstimmung herrschte Anfang der 80er Jahre. Ein anderes Museum sollte entstehen, in dem „Geschichte von unten“ sichtbar werden sollte: Arbeit, Alltag im Hamburg des Industriezeitalters. Der 1983 gegründete AK Frauen war einer unter mehreren, deren Mitglieder ihr Wissen zur Verfügung stellten, Objekte und Dokumente heranschafften und Konzepte entwickelten. Alice Schwarzer war schon auf die Straße gegangen, aber in die Institutionen drang die Geschlechterfrage erst allmählich vor. So war die Forderung des AK 1984 ein Novum in der bundesrepublikanischen Museumslandschaft: Die Kategorie Geschlecht müsse in die Gesamtkonzeption des Museums eingeschrieben werden. Und so geschah es – allerdings nicht ohne museumsinterne Widerstände. „Das bisher wenig Beachtete sollte ins Licht der Öffentlichkeit. Das heißt, die reproduktive Arbeit von Frauen der Erwerbsarbeit gleichzustellen, sie anders zu sehen und anders zu sammeln, als immer nur: Maschinen, Maschinen“, so von Dücker. Um Neudefinitionen von Arbeit ging es. Und um Sichtbarmachung der Zusammenhänge von Arbeit und Rolle.

Mit vielfältigen Projekten hat der AK seither dieses Anliegen umgesetzt, oft gemeinsam mit dem Museum. Das von Hildegund Schuster mitentworfene Wandbild, das zum 800. Hafengeburtstag 1989 am Fischmarktspeicher entstand, ist eine der öffentlichkeitswirksamsten Kooperationen gewesen: 100 Jahre unsichtbare Frauenarbeit im Hafen wurden weithin sichtbar. Beim Verkauf des Speichers 1994 konnte das Bild nicht erhalten bleiben. Die Idee der FrauenFreiluftGalerie trat an seine Stelle: Rückgewinnung weiblicher Geschichte durch 13 Gemälde entlang der Fischmarktmeile.

1997 wurde das Museum schließlich offiziell eröffnet: inklusive einer zusätzlichen Abteilung für die Frauen- und Geschlechterperspektive, was angesichts des integrativen Gesamtkonzepts umstritten war. „Platz war eine Machtfrage“, sagt von Dücker, die das Konzept der Abteilung entwickelt und zur Diskussion in den AK getragen hat. Erfahrungsgeschichte dort aktiver Frauen hat sich dann in der Ausstellung niedergeschlagen.

Der AK funktioniert seither wie ein Dynamo der Dauerausstellung: Sich einmischen, die Themen für aktuelle Debatten öffnen – der dafür notwendige Ideenreichtum sammelt sich im AK. Die verschiedenen Professionen der Aktiven sorgen für die gewünschte Vielstimmigkeit, interessierte Frauen sind willkommen. Die Diskussionsreihe WOMmenTALK, die sich in ihrer fünften Runde derzeit mit den Zusammenhängen von Arbeit, Geschlecht und Globalisierung befasst, ist ein überzeugendes Beispiel des produktiven Miteinanders von Museum und AK. Der AK Frauen hat das auch international wahrgenommene Profil des Museum der Arbeit geprägt. Dennoch ist die Anspannung dort größer geworden, nachdem das Museum kurzzeitig auf der Abschussliste des Senats stand. Und in Hamburg, wo das Senatsamt für Gleichstellung kurzerhand geschlossen wurde, gelten feministische Projekte derzeit als unzeitgemäß. „Hoffentlich kommt es nicht zu einer schleichenden Glättung aller Kanten, der vorauseilenden Vermeidung anstößiger Themen“, so von Dücker. WOMmenTalk wird es aufgrund interner Umverteilung von Geldern im nächsten Jahr jedenfalls nicht mehr geben.