Das kommt auf uns zu

Steuerreform 2004: Ein Überblick über geplante und bereits verabschiedete Änderungen. Nach den endlosen politischen Debatten sollen in Kürze die Ergebnisse festgezurrt werden. Tabaksteuererhöhung mutmaßlich bis auf weiteres verschoben

VON SIMONE WEIDNER

Das Steuerpaket der Bundesregierung wird derzeit noch geschnürt. Spätestens bis Weihnachten sollen die neuen Regelungen jedoch verabschiedet sein. Auf dem Prüfstand stehen viele lieb gewonnene Zulagen. Freibeträge, Prämien und Pauschalen will man radikal streichen, neue Regelungen sind bereits eingeführt. Das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform bedeutet aber de facto mehr Geld im Portemonnaie. Die Einkommensteuerbelastung sinkt dann um durchschnittlich 10 Prozent je Steuerzahler.

Wird die für das Jahr 2005 vorgesehene Steuerreform auf 2004 vorgezogen, erhöht sich der Grundfreibetrag auf 7.664 Euro. Bis zu diesem Betrag bleibt das Einkommen gänzlich steuerfrei. Der Eingangssteuersatz sinkt von jetzt 19,9 Prozent auf 15 Prozent und der Spitzensteuersatz von 48,5 Prozent auf 42 Prozent. Bis zu einem Einkommen von 52.152 Euro bei Ledigen beziehungsweise 104.304 Euro bei Verheirateten verläuft die Steuerpflicht progressiv. Von der Steuersenkung können Arbeitnehmer, Selbstständige oder Anleger mit einem Handlungsspielraum profitieren, wenn sie Ausgaben auf das Jahr 2003 vorziehen und Einnahmen möglichst auf das Jahr 2004 verschieben.

Arbeitnehmer können für Fahrten zur Arbeit unabhängig vom Verkehrsmittel eine Entfernungspauschale von 36 Cent für die ersten 10 Kilometer und 40 Cent für jeden weiteren Kilometer als Werbungskosten absetzen. Die Pauschale soll für alle Verkehrsmittel auf einheitlich 15 Cent herabgesetzt werden.

Bausparer haben dieses Jahr vielleicht die letzte Gelegenheit, die Wohnungsbauprämie mitzunehmen. Wer jährlich bis zu 512 Euro (Verheiratete 1.024 Euro) in einen Bausparvertrag einzahlt, erhält 10 Prozent Wohnungsbauprämie, wenn das zu versteuernde Jahreseinkommen von 25.600 Euro (Verheiratete 51.200 Euro) nicht überschritten wird. Die Prämie soll noch bis zum Jahr 2009 ausgezahlt werden.

Die Eigenheimzulage, eine der umstrittensten Zulagen, sollte gestrichen werden, wird jetzt aber mutmaßlich nur halbiert. Wer bis zum Ende dieses Jahres einen Bauantrag bei der Baubehörde einreicht, als Käufer einen notariellen Kaufvertrag abschließt oder Genossenschaftsanteile kauft, erhält für den Bau oder Kauf einer selbst genutzten Immobilie noch acht Jahre lang insgesamt 20.448 Euro Grundzulage, für Altbauten die Hälfte. Für jedes zum Haushalt gehörende Kind gibt es für den Förderzeitraum insgesamt 6.136 Euro.

Die Tabaksteuer wollte man ursprünglich in drei Stufen um insgesamt 1 Euro je Packung erhöhen: zum 1. Januar 2004, zum 1. Oktober 2004 und zum 1. Juli 2005. Laut Agenturmeldungen soll die Erhöhung indes vorerst verschoben werden.

Der Haushaltsfreibetrag ist eine Steuervergünstigung für allein erziehende Mütter oder Väter, die vom Finanzamt automatisch berücksichtigt wird. Der Betrag von 2.340 Euro wird voraussichtlich in diesem Jahr letztmals angerechnet. Zum Ausgleich sollen jedoch „echte“ Alleinerziehende, die keine Haushaltsgemeinschaft mit anderen Personen als mit Kindern bilden, für die Kinderbetreuung einen neuen Entlastungsfreibetrag in Höhe von 1.300 Euro erhalten.

Für Kinder gibt es ab 2004 höhere Einkommensfreigrenzen. Eltern von volljährigen Kindern, die in Berufsausbildung oder arbeitslos sind, auf einen Ausbildungsplatz warten oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ableisten, erhalten weiterhin Kindergeld oder den Kinderfreibetrag, solange das Kind mit eigenen Einkünften und Bezügen die Freigrenze von 7.680 Euro nicht überschreitet.

Geringverdiener sollen zusätzlich zum Kindergeld ab Juli 2004 einen Kindergeldzuschlag bis zu 140 Euro im Monat und für längstens 36 Monate bekommen. Betroffen sind Eltern mit niedrigem Einkommen. Der Zuschlag soll verhindern, dass Geringverdiener wegen ihrer Unterhaltspflichten das neue Arbeitslosengeld II beziehen müssen.

Die Einkommensgrenzen für das Erziehungsgeld werden radikal gesenkt und die Beträge geglättet. Der Regelbetrag beträgt derzeit 307 Euro und wird 24 Monate gezahlt. Alternativ können Erziehende auch 460 Euro (Budget) für zwölf Monate in Anspruch nehmen. Ab Januar 2004 erhalten Eltern 300 Euro oder 450 Euro pro Monat. Für Kinder, die ab 1. Januar 2004 geboren werden, darf das Einkommen in den ersten sechs Lebensmonaten für den Erhalt des Regelbetrags die Grenze von 30.000 Euro (Verheiratete) und 23.000 Euro (Ledige) nicht überschreiten. Beim Budget liegt die Grenze bei 22.500 Euro (Verheiratete) und 19.500 Euro (Ledige). Für jedes weitere Kind erhöht sich die Einkommensgrenze um 3.140 Euro.

Eine umfassende Reform der Besteuerung aller Kapitalerträge ist für 2005 vorgesehen. Das Steuerprivileg für Lebensversicherungsverträge steht ebenso auf dem Prüfstand wie die Besteuerung von Gewinnen aus Wertpapierverkäufen. Wer bisher Kapital und Zinsen nicht versteuert hat, erhält von Januar 2004 bis Ende Mai 2005 die Gelegenheit, dem Fiskus freiwillig nicht versteuerte Einnahmen zu melden und eine Ablasssteuer von 25 Prozent beziehungsweise 35 Prozent zu zahlen. Von Strafe, Bußgeld oder Hinterziehungszinsen sollen Büßer verschont bleiben. Für alle Angaben gilt: Es sind Pläne, die letztlich erst noch bestätigt werden müssen.