Ohne Wundertüte

Sonderschüler protestieren gegen Lehrerarbeitszeitmodell. Senator Soltau unter Druck. Reserve von 114 Lehrerstellen als „Risikovorbehalt“ unbesetzt

von KAIJA KUTTER

Nicht nur in der Kita-Politik, auch beim Thema Lehrerarbeitszeit und Berufsschulen steht Bildungssenator Reinhard Soltau (FDP) unter Druck, schnell etwas an der Politik seines Vorgängers zu korrigieren. Gestern früh blockierten Berufsschüler mit Demonstrationen den Berufsverkehr (siehe Kasten). Am Mittag besuchten rund 50 Schulsprecher von zehn Sonderschulen die Bildungsbehörde in der Hamburger Straße, um Soltau „Nikolauswünsche“ zu übergeben.

„Wir hatten früher Fußballturniere, wir hatten Klassenreisen, Ausflüge und Schulübernachtungen. Jetzt haben wir gar nichts mehr“, berichtet Schulsprecherin Svenja Gehrke von der Förderschule Pröbenweg. „Wir sind hier, damit der neue Senator uns das alles zurückgibt“, ergänzt ein Klassenkamerad. Im Zuge des Arbeitszeitmodells müssen auch Sonderschullehrer mehr unterrichten, weil die Stundenzahl erhöht wurde. „Jetzt haben wir viel zu lange Kurse, müssen bis 16 Uhr in der Schule bleiben“, sagt Maida Batakovic, Schülerin der Schule Karl-Arnold-Ring. Dafür fehlen die Lehrer vormittags für die Doppelbesetzung in den Klassen.

Er werde die Wunschzettel weiterleiten, versprach Oberschulrat Walter Hurling, der an Soltaus Stelle gekommen war. Der Senator hat sich seinem Sprecher zufolge in puncto Arbeitzeitmodell vorgenommen, „mit verschiedenen Leuten zu reden, um zu benennen, was man überprüfen muss“ und zeitnah zu Ergebnissen zu kommen. Soltau selbst hatte vorige Woche beim Jubiläum der Elternkammer Erwartungen gedämpft. Er fände das Modell „an einigen Stellen zu bürokratisch“, könne aber „keine Wunder vollbringen“, sprich Stellen schaffen.

Doch Spielraum hat er wohl doch. Wie nun bei der „Nach-Organisationskonferenz“ in der Behörde den Personalräten mitgeteilt wurde, werden 114 Lehrerstellen als „Risikovorbehalt“ freigehalten. „In dieser Höhe macht es keinen Sinn“, rügt Personalrat Ingrid Gröpl. „Wir hätten diese Stellen lieber besetzt, denn die Arbeit wird vom Bestandspersonal bewältigt.“ „Diese Kollegen fehlen uns dringend an den Schulen“, sagt auch Arno Becker vom Deutschen Lehrerverband. So habe es für den Zuwachs von 2.385 Schülern keine zusätzlichen Lehrer gegeben. Hinzu komme, dass der Krankenstand mit einem Durchschnitt von 5,8 Prozent weit über den zwischen 3,8 und 4,2 schwankenden Werten der Vorjahre liege. Becker: „Der Personalärztliche Dienst sagt, dass dies an der gestiegenen Belastung liegt.“

Elternkammervorsitzende Sabine Bick beklagt wiederum wachsenden Unterrichtsausfall: „Dass hier die Tendenz steigend ist, hat auch die Behördenleitung vor der Elternkammer eingeräumt.“ Besserung sei erst ab Februar zugesagt. Doch dies sei beispielsweise für den Mathematik-Leistungskurs eines Abi-Jahrgangs, dem der Lehrer fehlt, viel zu spät.