christoph schultheis
: Die Flötenmädchen von Premiere

Der Preis für den Weihnachtshorror 2003 geht überraschenderweise doch nicht an den Bezahlsender Premiere. Sondern an Alexander Klaws

Wenn es überhaupt irgendetwas gab, was an Weihnachten 2003 genervt hat, dann wäre das eigentlich dieser Premiere-Spot gewesen. Flöt-flöt-di-flöt, flö-höt-di-flööt, Sie wissen schon: der mit den zwei kleinen Reihenhausmädchen, die ihren Reihenhauseltern auf der Blockflöte „Vom Himmel hoch, da komm ich her …“ vorspielten, bis mittendrin endlich der Weihnachtsmann vorfuhr, mit einem freudigen „Ho-ho-ho“ vom Schlitten stieg, um alsbald festzustellen, dass die Reihenhausfamilie, die freudig aus dem Reihenhaus gesprungen kam, nicht ihn und seinen Schlitten, sondern ein paar halb nackte Frauen im Cabrio umtanzte, die fröhlich Premiere-Dekoder verteilten – und das Tag für Tag, Werbepause für Werbepause, flöt-flöt-di-flöt …

Kurz vorm Fest war der Spot sogar noch mal remixt worden, Weihnachtsmann und Premieregirls rausgeschnitten, die nervige Blockflötensequenz extended – was, wie gesagt, eigentlich den Topplatz im Weihnachtshorror 2003 verdient hätte. (Noch vor der rüstigen Westfälin im ICE, die zu dem SMS-schreibenden Türken neben ihr am Heiligabend sagte: „Entschuldigung, aber das ist keine Nachricht für Bin Laden, oder?“ Das nur nebenbei).

Doch dann kam alles ganz anders: Unmittelbar nach Weihnachten war Weihnachten vorbei, im Fernsehen aber machte es weiterhin „Flöt-flöt-di-flöt“, waren die Blockflötenmädchen immer noch da. (Und mit ihnen die frohe Botschaft aus dem aktuellen Spiegel, wonach das Weihnachtsgeschäft für den Pay-TV-Sender zwar „nicht berauschend“ gewesen sei, die Abonnentenzahl zum Jahresende dennoch die 2,9-Millionen-Grenze überschreiten soll. Aber auch das vielleicht nur nebenbei.)

Immerhin zieht sich durch das nachweihnachtliche Spotrecycling nun ein Spruchband, Insert, wie der Kenner sagt, auf dem geschrieben steht: „Auf vielfachen Wunsch erscheint die Musik aus diesem Spot demnächst als CD!“ Und weil das wirklich ungeheuer selbstironisch klingt, erhält den Preis fürs Festtagsvermiesen stattdessen eben automatisch Alexander Klaws.

Selbst wer mit etwas Glück am 1. Weihnachtstag „World Idol“, die weltweite „Superstars“-Wahl auf RTL, verpasst hatte, konnte sich am Samstagabend oder Sonntagmorgen anhand der Wiederholung selbst überzeugen: „It was terrible!“ fasste ein „World Idol“-Juror den Auftritt des deutschen „Superstars“ zusammen. Und während Alexander sang, kam dort, wo bei seinen internationalen Mitbewerbern eine 0137-Nummer zum Abstimmen eingeblendet wurde, nur folgendes Insert zum Einsatz: „Alexander“, stand da zu lesen, „erhält aus Deutschland automatisch die maximale Punktzahl.“

Was okay ist, denn von mir erhält er sie ja auch.