Eisige Winde

Dana Horáková scheitert beim Versuch, den Etat der Geschichtswerkstätten zu vernichten. Zuletzt wurden die Proteste sogar Ole von Beust zu viel

von Petra Schellen

Sie hatte – wieder einmal – Stimmung und Protestpotenzial in dieser Stadt unterschätzt. Denn hätte Kultursenatorin Dana Horáková geahnt, dass sie Tonnen schlechter Presse produzieren würde, hätte sie sich wohl nicht zum Versuch hinreißen lassen, den Etat der Geschichtswerkstätten – bislang 539.000 Euro jährlich – für 2004 auf null zu setzen. Eine marginale Einsparung angesichts der Tatsache, dass etwa für das geplante Seefahrts- und Meeresmuseum Tamm 30 Millionen Kulturbehörden-Euro fließen werden.

Zwölf Stellen, verteilt auf 14 Geschichtswerkstätten, standen mit dem Beschluss auf dem Spiel, die restliche Arbeit übernehmen seit 20 Jahren Ehrenamtliche. Und die könnten, so Horáková, ihr Engagement gefälligst noch steigern. Ein kaum durchdachtes Argument, wenn man bedenkt, dass von Ehrenamtlichen nur bedingt konstante Arbeitszeiten einforderbar sind, die Archive aber regelmäßige Öffnungszeiten gewährleisten müssen. Nicht nur, um ihr Material zugänglich zu machen, sondern auch, um der Pflege von Industriedenkmälern wie des Hammer Röhrenbunkers gerecht zu werden. Und auch wenn sich über Partizipation streiten lässt, bleibt festzuhalten, dass die Stadtteilarchive Material horten, das ihnen Privatiers anvertraut haben. Landesmedienzentrum und Bibliotheken indes wären mit der Verwaltung dieser Materialien schlicht überfordert.

Doch nicht nur Laien nutzen den Fundus: Wissenschaftler der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Künstler und Lehrer zählen zu den Besuchern. Und ohne die von den Geschichtswerkstätten angebotenen, stark von Schulklassen genutzten Führungen – etwa durch den Eppendorfer Bunker – verlöre die junge Generation eine Chance, Geschichte des Wohnumfelds zu erfahren.

Beträchtlich waren daher die Proteste gegen die als ideologisch motiviert empfundene Kürzung; Medien jeder Couleur setzten sich für den Erhalt der Werkstätten ein. Der Etappensieg folgte bald: Die Betriebskosten von 133.000 Euro wolle die Stadt, so hieß es im August, wieder übernehmen. Wer die Archive, wäre das Personal erst entlassen, betreiben sollte, verriet man nicht. Und ohne fortdauernde Proteste wäre die Senatorin vielleicht stur geblieben. Ole von Beust, stets auf Hamburgs Image bedacht, sprach schließlich ein Machtwort: Um 267.000 auf 400.000 Euro wurde Anfang Dezember der Etat erhöht – kurz vor den geplanten Haushaltsberatungen.

Vom Eise ist die Kuh damit nicht: Abgesehen davon, dass auch dies eine Kürzung von 25 Prozent bedeutet, wird das Gezerre anno 2004 von vorn beginnen. Mutmaßlicher Streitpunkt: die Zusammenlegung der Haushaltstitel von Geschichtswerkstätten und Stadtteilkulturzentren, die die künftig verantwortlichen Bezirke planen.