Tierquälerei unter deutscher Flagge

In Dänemark gelten seit Anfang des Jahres härtere Kriterien für Tiertransporte. Den Spediteuren ist das egal: Sie lassen ihre Lkws einfach in Deutschland zu. Denn hierzulande sind lange Fahrten unter qualvollen Bedingungen nach wie vor erlaubt

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Etwas für die gequälten Schlachtschweine tun wollte das dänische Parlament. Und verabschiedete im vergangenen Jahr ein Gesetz, welches den Transport der Tiere mit Lkws auf acht Stunden begrenzte, soweit die armen Schweine in mehr als zwei Etagen übereinander gestapelt durch die Gegend geschüttelt wurden. In den oberen Stockwerken wird aufgrund der mit der Höhe proportional wachsenden Fliehkraft die gewöhnliche Tierquälerei der Tiertransporte nämlich zu einer fast unerträglichen Plage. Am 1. Januar trat das neue Gesetz in Kraft.

Irgendwelche positiven Auswirkungen für Schweine, Schafe und anderes Transportvieh wird die Neuregelung nicht haben. Die Tiertransportfirmen lassen ihre Lkws nun einfach in Deutschland zu. Mit deutschen Nummernschildern gilt deutsches Recht. Und das erlaubt dreistöckige Transporte von bis zu 24 Stunden.

„Wir verlieren ansonsten mit der neuen Regelung rund 300 Euro pro Transport“, begründet der Tiertransporteur Niels Vinderslev gegenüber der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten die plötzliche Attraktivität deutscher Nummerschilder: „Die deutsche und schwedische Konkurrenz würde uns auskonkurrieren.“ Sein Unternehmen hat sich eine deutsche Tochter zugelegt und die Hälfte ihres Fahrzeugparks nun einfach in der Bundesrepublik zugelassen. Er und seine Kollegen ärgern sich nicht nur über den „Schwachsinn“, dass Dänemark spezielle Tierschutzbestimmungen eingeführt hat. „SamMark“, die Interessenorganisation der Tiertransporteure, überlegt sich auch eine Klage gegen den dänischen Staat und Schadensersatzforderungen wegen der gestrichenen dritten Etage.

„Die neue Tierschutzregelung läuft völlig ins Leere“, klagt dagegen Ole Jørgensen, Chefveterinär in Århus: „Mit den deutschen Lkw-Kennzeichen kann sie ungestraft umgangen werden.“ So lange jedenfalls, wie man in Deutschland schlimmere Tierquälerei zulässt als in Dänemark.

Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im dänischen Parlament setzt offenbar wenig Hoffnung auf eine baldige Erleuchtung bei der deutschen Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne). Und darauf, dass die deutsche Regierung in absehbarer Zeit ebenfalls die schlimmsten Auswüchse bei Tiertransporten stoppt. Sondern hat ganz handfeste Rachefantasien: „Ich verachte Leute, die so was machen“, sagt Christian Hansen. „Ich schlage diesen Lkw-Fahrern vor, selbst in die dritte Etage hochzuklettern und sich dort einen Tag hin und her schmeißen zu lassen.“