Sprachlose Schulen

Weil sie nur noch nachmittags stattfinden dürfen, fallen Elternsprechtage aus. Senator Soltau stellt Schulen vor die Wahl: Entweder Sprechtag oder Jahreskonferenz

Als im Herbst die Hamburger Elternkammer ihre Umfrage zu den Auswirkungen des Lehrerarbeitszeitmodells veröffentlichte, mochte man es kaum glauben: Nicht nur Schulfeste, Klassenreisen und Projekttage fallen dem Protest gegen diese überhastete Reform zum Opfer. Ein Teil der Schulen gab sogar an, auf die traditionellen Elternsprechtage zum Halbjahrswechsel zu verzichten. Für dauerbesorgte Eltern waren die jährlichen Sprechtage eine beruhigende Routine. Wenn denn wirklich etwas schief laufen sollte mit dem Filius oder der Filia, würde man es spätestens dann erfahren.

Wie sich jetzt herausstellt, dürfen diese Tage nicht mehr stattfinden. Dies ist keine Protestmaßnahme von Lehrerkonferenzen, sondern eine Vorgabe der Bildungsbehörde. Wie Bildungssenator Reinhard Soltau (FDP) in einem Rundbrief vom 5. Januar an die Schulen erklärte, wurde mit Einführung des Arbeitszeitmodells festgelegt, dass diese Elterntage in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden sollen. Das gleiche galt ursprünglich für die alljährlichen pädagogischen Planungskonferenzen.

Ex-Bildungsenator Rudolf Lange (FDP) war aber bereits im Sommer eingeknickt, und hatte die ganztägige Planungskonferenz doch wieder erlaubt. In dem Brief spricht Soltau von „vielen Auseinandersetzungen“ die diese Regelung bereitet habe und stellt Hamburgs Schulleiter nun vor die Alternative: Es dürfen entweder der Elternsprechtag oder die Jahreskonferrenz am Vormittag stattfinden.

„Mit dem Brief werden unsere Planungen für den Elternsprechtag über den Haufen geworfen“, berichtet ein Lehrer der Altonaer Max-Brauer-Schule. Gemeinsam mit der Einladung zum „Tag der Offenen Tür“ an diesem Samstag hatte man diesen schon für den 29. Januar, den letzten Schultag des Halbjahres, angekündigt. Da der Elternsprechtag nun auf den Nachmittag des 28. Januars beschränkt sei, könne man nur noch „dringliche Fälle, wo es brennt“, besprechen und müsse zudem die Taktzeiten für die Gespräche kürzen.

„Hier wird in die Autonomie der Schule unnötig eingegriffen“, erklärt auch Gerhard Lein von der Gesamtschule Lohbrügge, die ebenfalls vorerst auf Elternsprechtage verzichtet. Bisher sei es üblich gewesen, den Schulen diese Planungen individuell zu überlassen und den Elternräten eine Sperrmöglichkeit einzuräumen, falls diese zu viel Unterrichtsausfall fürchten.

Seine Lehrer, so Lein, seien weiterhin zu Gesprächen bereit, nur eben nicht im Rahmen des gewohnten Rituals. Allerdings sei diese ganztätige Veranstaltung, die in Lohbrügge bereits im November stattfand, um schon acht Wochen nach Schulstart auf Probleme hinzuweisen, „sehr viel praktikabler“. Lein: „Manche unserer Eltern haben Schichtdienst und einfach nur früh morgens Zeit.“ KAIJA KUTTER