Geschäft mit dem Wiederaufbau blüht

Der Irak ist dank angestiegener Gehälter im Kaufrausch. Deutschland darf offiziell erst ab März mit aufbauen, doch bereits jetzt sind die meisten Autos deutsche Importe. Derweil gibt US-Firma Halliburton Korruption zu und erstattet 6,3 Milliarden Dollar

VON INGA ROGG

Die Freiheit beginnt beim Auto. Das ist im Irak nach der Diktatur nicht anders als in Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Kommunismus. Allein im zweiten Halbjahr 2003 sollen 250.000 Gebrauchtwagen vor allem aus Deutschland in den Irak importiert worden sein. Ein Blick auf Bagdads Märkte zeigt, dass aber auch in anderen Bereichen der Handel blüht. Fernseher und Computer aus Korea, Haushaltsgeräte aus der Türkei, Spielzeug und Plastikwaren aus China, Stoffe, Kleidung, Satellitenschüsseln und Pepsi-Cola aus dem Nahen und Mittleren Ost, Bier und Designerkleidung aus Europa – an Waren herrscht im Irak derzeit kein Mangel.

Nach Jahren des Darbens und dem Wegfall der Handelsschranken durch das UN-Embargo gibt man sich am Tigris dem Konsum hin. Die gesteigerte Kaufkraft ist vor allem der Besoldungsreform von Zivilverwalter Paul Bremer zu verdanken. Sie bescherte den hunderttausenden Bediensteten im öffentlichen Dienst, beispielsweise Lehrern, eine bis zu vierzigfache Lohnerhöhung.

Mindestens so ausgehungert wie der Konsumgütermarkt sind nach Jahrzehnten der Misswirtschaft und UN-Sanktionen auch die irakische Industrie und Infrastruktur. Hier gibt es jetzt, wo die Handelsbeschränkungen gefallen sind, viel zu verdienen. Milliarden fließen in den Wiederaufbau des Zweistromlandes, an dem auch deutsche Unternehmen verdienen wollen. An einer Messe zum irakischen Wiederaufbau in Kuwait City beteiligten sich in der vergangenen Woche fünfzig deutsche Firmen, nur Iran, Italien, Kuwait, Saudi-Arabien und die Türkei zeigten eine stärkere Präsenz. Zur gleichen Zeit versammelten sich in der jordanischen Hauptstadt Mitglieder der deutsch-arabischen Handelskammer, um die Weichen für künftige Aufträge zu stellen.

Hauptauftraggeber ist derzeit die amerikanische Regierung, die 18,6 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau im Irak bereitgestellt hat. Abgewickelt wird die Auftragsvergabe über das Iraq Program Management Office (PMO), das diese Aufgabe im Oktober von der Entwicklungsagentur USAID übernommen hat. Nach Angaben von PMO geht es dabei in den nächsten Monaten um 2.300 Projekte in den Sektoren Wasser- und Energieversorgung, Infrastruktur und öffentlicher Dienst.

Bisher konnten sich Unternehmen aus Ländern der Kriegsgegner nur als Subunternehmer um die Vergabe von Großaufträgen bewerben. Dabei hat Siemens einen Auftrag in zweistelliger Millionenhöhe für den Aufbau des Mobilfunknetzes im Nordirak erhalten. Wie das Außenministerium und Industrieverbände bestätigten, will Washington die Ausschreibungen künftig nicht mehr beschränken. Bei den nächsten Runden der Auftragsvergabe im März, bei der ein Auftragsvolumen in Höhe von fünf Milliarden Dollar ausgelobt wird, könnten sich dann deutsche, französische und russische Firmen direkt um Großaufträge bewerben.

Durch die bisherige Regelung wurden vor allem amerikanische Großkonzerne wie das Bauunternehmen Bechtel und der im Ölsektor tätige Dienstleister Halliburton sowie dessen Tochtergesellschaft Kellogg, Brown and Root (KBR) begünstigt. Dabei musste Halliburton, dem bis ins Jahr 2000 US-Vizepräsident Dick Cheney vorstand, mittlerweile seit längerem erhobene Korruptionsvorwürfe einräumen. Man werde 6,3 Millionen Dollar an die amerikanische Regierung zurückzahlen, erklärte ein Sprecher des Unternehmens.

Für Optimismus bei internationalen Unternehmen dürfte aber vor allem die anvisierte Umgestaltung der irakischen Staatsbetriebe sorgen. Zwar wird aus der von Zivilverwalter Bremer erlassenen Order, die eine schnelle Privatisierung und weitgehende Öffnung für ausländisches Kapital vorsah, erst einmal nichts, weil das Gesetz über das Recht einer Besetzungsmacht hinausging. Doch hat der irakische Regierungsrat mittlerweile beschlossen, dass die Staatsbetriebe von ausländische Unternehmen geleast werden können. Von den 250 Staatsbetrieben stehen nun 68 für Leasingverträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren offen. Bedingung ist, dass die bisherigen Beschäftigten übernommen werden. Angebote, auch aus Deutschland, liegen bereits vor. Welche Firmen sich an den Ausschreibungen beteiligen, ist aber bislang nicht zu erfahren.