Eisige Begeisterung: Berliner schweben über den Gewässern

Berliner sind die meiste Zeit kurzsichtig. Ständig stehen Bauten und Blöcke einem ausschweifenden Blick im Weg. Wer will es den Bürgern dieser Stadt also verübeln, wenn es sie hinaus auf die freie, gerade Fläche zieht. Seen sind eine Wohltat fürs Auge. Und wenn sie zugefroren sind – wie seit diesem Wochenende fast alle Berliner und Brandenburger Seen –, ein großer Spaß. Schon Jesus ging über das Wasser. Die Berliner und Brandenburger taten es ihm am Samstag und Sonntag scharenweise gleich, mit oder ohne Kufen am Schuh. Natürlich nicht zum Gefallen der Wasserschutzpolizei. Die Meteorologen rechnen zwar die nächsten Tage weiterhin mit knackigen Minusgraden und neuem Schnee. Die Polizei warnt jedoch besonders vor Fließgewässern wie der Spree, der Havel oder dem Wannsee. Auch der harmlos wirkende Schlachtensee habe so seine Tücken in Form von Zuflüssen, erklärt Olaf Wedekind von der Wasserschutzpolizei. Er weiß um die Anziehungskraft des Eises. „Da wo Eis ist, sind auch Leute drauf“, so seine Erfahrung. Von der Begeisterung zur Dummheit ist es nur ein kleiner Schritt: Eine Frau hätte am Wochenende ihren Kinderwagen über eine Wasserlücke am Ufer gehoben, um auf dem Schlachtensee spazieren zu gehen, berichtet Wedekind. Zu Unfällen sei es bisher jedoch zum Glück noch nicht gekommen.Am liebsten schickt Wedekind die Berliner auf stehende, flache Gewässer wie das Engelbecken in Kreuzberg. Da gibt es nicht viel zu retten: Das Wasser steht sowieso nur knietief. Oder er verweist auf das Umland. In Brandenburg sei es schließlich noch ein paar Grad kälter. ALL FOTO: STEFAN MÜLLER