Wahlkampf mit No Olympics

Wegen Lehrerarbeitszeitmodell: Die Hälfte der „Schulen für Geistigbehinderte“ in Hamburg nimmt an „Special Olympics“ nicht teil. Anmeldung ist nicht mehr möglich

Er habe sich gleich „doppelt und dreifach geärgert“, berichtet der Lehrer Martin Heither. „Erst wird uns die Chance, an den Spielen teilzunehmen, verwehrt. Und dann machen die Herrn, die das zu verantworten haben, auch noch Wahlkampf damit.“ Die Rede ist von den „Special Olympics“, den Olympischen Sommerspielen für geistig Behinderte, deren nationale Titelkämpfe im Juni erstmals in Hamburg ausgetragen werden (taz berichtete).

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Bildungssenator Reinhard Soltau (FDP) hatten am Dienstag verkündet, es würden 3.400 Athleten aus Deutschland und Europa erwartet, darunter mehr als 1.000 Schüler aus Hamburg. Doch laut Martin Heither kann das so nicht stimmen. Er unterrichtet an der „Schule für Geistigbehinderte“ am Wandsbeker Bekkamp, die bereits im Sommer beschlossen hatte, dass ihre 110 Schüler nicht an den Spielen teilnehmen. Heither: „In Folge des Lehrerarbeitszeitmodells muss ein großer Teil von uns mehr arbeiten. Da haben wir einfach nicht die Zeit, diese Spiele vorzubereiten.“

Die „Schulen für Geistigbehinderte“ sind eine Art „Restschule“ wie Heither erklärt. Dort lernen mehrfach schwerstbehinderte Kinder und auch jene, die an der Förderschule nicht mitkommen. „Viele von ihnen kommen aus belasteten familiären Verhältnissen, deshalb müssen wir viel Sozialarbeit leisten.“ Aufgaben, die das im August 2003 eingeführte Arbeitszeitmodell nicht abbilde. In Abwägung der Notwendigkeiten habe man auf die „Olympics“ verzichtet.

Insgesamt gibt es in Hamburg sieben Schulen für geistig Behinderte. Die Lehrer haben zu den Folgen des Arbeitszeitmodells einen Arbeitskreis gegründet. Von dort berichtet Heither, dass drei Schulen definitiv nicht an den Spielen teilnehmen und zwei weitere nur eingeschränkt. „Wir hatten uns auf die Spiele gefreut“, bekräftigt er. „Ohne Arbeitszeitmodell wäre die Beteiligung doppelt so hoch.“

Wie berichtet, fallen wegen des umstrittenen Modells an allen Schulformen Sportfeste und Klassenreisen aus. Bildungssenator Soltau lädt für den 9. Februar Verbände und Lehrer aller Schulformen zu einem „Runden Tisch“ in die Berufsschule Uferstraße ein. Heither setzt darauf nicht viel Hoffnung, weil bekannt ist, dass es keine Ressourcen gibt, um die Lage zu verbessern.

Doch selbst wenn der Konflikt gelöst würde, wäre es für die „Special Olympics“ zu spät. Eine Schüler AG muss ein Jahr lang trainieren, um teilnehmen zu dürfen. KAIJA KUTTER