Demo gegen neues Wohnheim

Geplante Flüchtlingsunterbringung im Kölner Stadtteil Weidenpesch stößt bei Hilfsorganisationen und Anwohnern auf Protest – aus unterschiedlichen Gründen

KÖLN taz ■ Dezentrale Unterbringung, menschenwüdige Unterkünfte, das Recht auf Arbeit und einen vernünftigen Umgang mit den so genannten „Klaukids“, der sie „vor einem späteren Leben zwischen Knast und Kleinkriminalität bewahrt“: Das waren die Forderungen, die Jan Henkel von „kein mensch ist illegal“ am Samstag auf einer Kundgebung in Weidenpesch als Grundlage für eine „menschliche Flüchtlingspolitik in Köln“ nannte. Die Menschenrechtsorganisation hatte zu der Demonstration aufgerufen. Knapp fünfzig – überwiegend junge – Menschen waren gekommen, um friedlich durch Kölns Norden zu ziehen.

Hier plant die Stadt, ein ehemaliges Kinderkrankenhaus in der Pallenbergstraße in ein Übergangsheim für bis zu 80 „unerlaubt Eingereiste“ umzubauen. Dagegen hat sich die Bürgerinitiative „Eckiger Tisch“ gebildet (taz berichtete). Einige Weidenpescher fürchten, dass durch die Flüchtlinge die Kriminalität in ihrem Veedel zunehmen und das soziale Gefüge ihres Veedels gestört werden könnte. Außerdem halten sie die Wohnbedingungen in dem Gebäude, in dessen Nachbarschaft unter anderem eine Kindertagesstätte liegt, aus gesundheitlichen Gründen – zum Beispiel Schimmelbefall – für „unmenschlich“.

Auch wenn sich der „Eckige Tisch“ und „kein mensch ist illegal“ in der Ablehnung der Sammelunterkunft einig sind, so unterscheiden sie sich doch in den Begründungen. So hat für Henkel die Angst vor Kriminalität keine berechtigte Grundlage, sondern ist das Ergebnis „menschenverachtender Presseberichte, die Stimmung gegen Roma machen“. Auch besteht die Politik des „Eckigen Tisch“ zurzeit allein darin, das Heim in Weidenpesch zu verhindern. Eine grundsätzliche Diskussion der Kölner Flüchtlingspolitik steht bei der Bürgerinitiative nicht auf dem Programm.

Bei der Vermittlung ihrer Argumente waren die Demonstranten allein auf ihre Flugblätter angewiesen, die sie zahlreich in die Briefkästen entlang des Demonstrationsweges steckten. Denn die vorbereiteten Transparente waren irgendwo auf der Anfahrt hängengeblieben.

An Überzeugungsarbeit ist jedenfalls noch viel zu tun. Henkels bedachte Rede beim Zwischenstopp vor dem künftigen Flüchtlingsheim fand bei den BewohnerInnen eines benachbarten Seniorenheims keine Gegenliebe. „Das sind alles Straffällige, sonst würde man doch keine Mauer bauen und es käme keine Polizei zur Bewachung“, wusste eine, die sich mit ihren Bekannten die Versammlung ansah. „Außerdem werden sie von unseren Steuergeldern durchgefüttert“. Und wenn die Flüchtlinge hier arbeiten dürften, nähmen sie den Deutschen die Arbeit weg. Da nickte die kleine Anwohnerrunde zustimmend.

Jürgen Schön