Zu wenig Kleingeld für die Kleinkinder

Bald soll jeder fünfte Zweijährige die Chance auf eine Krippe haben. Aber kommt das Geld dafür in den Städten an?

BERLIN taz ■ Das Problem ist klar: In Deutschland müssen Frauen ihre Kleinkinder oft selbst betreuen, weil es viel zu wenig Krippenplätze gibt. Bis zum Sommer will Familienministerin Renate Schmidt (SPD) dem Problem nun zu Leibe rücken – mit einem Gesetz. Sie möchte die Kommunen bewegen, stark belasteten Eltern Krippenplätze anzubieten. Jedes fünfte Kind unter drei Jahren könnte dann eine Kita besuchen. Ein einklagbares Recht auf einen Platz, wie die Grünen es fordern, will Schmidt nicht.

Die Familienministerin fordert etwas, was längst im Gesetz steht – nur unpräzise. Seit zehn Jahren schon verlangt das Kinder- und Jugendhilfegesetz: Die Kommunen sollen Betreuung in Kitas auch für die Jüngsten anbieten, sofern Bedarf besteht. Nur haben sie das bislang kaum umgesetzt. Denn Definitionen, wer einen Bedarf für Kinderbetreuung geltend machen kann, gibt das alte Gesetz nicht vor. Daher möchte Schmidt mit dem neuen Gesetz, das 2005 in Kraft treten soll, Kriterien benennen. „Doppelverdiener, Alleinerziehende, Eltern von Mehrlingen oder behinderten Kindern sollten einen Kita-Platz erhalten“, sagte Schmidt.

Zu unverbindlich findet hingegen Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen, das Vorhaben der Familienministerin. Einige besonders belastete Eltern müssten ein gesetzlich fixiertes Recht auf einen Krippenplatz erhalten. Das findet zwar auch Schmidt richtig – doch dafür würde sie „keine Mehrheit finden, der Widerstand der Länder wäre zu stark“.

Ob die Gemeinden ohne Zwang aber in ihren jüngsten Nachwuchs investieren, ist fraglich. Denn Schmidt löst nicht das Hauptproblem: Wo soll das Geld herkommen, um neue Krippen zu bauen, Erzieherinnen zu verpflichten? Nach dem Willen der Familienministerin sollen die Gemeinden die errechneten 1,5 Milliarden nutzen, welche die Länder sparen, wenn Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt werden. Doch zumindest das Gros der Mittel wird die Kommunen nicht erreichen – die ebenfalls klammen Länder werden es zurückhalten, um ihre Haushalte zu sanieren.

Selbst die Familienministerin räumt ein: „Wir können die Länder nicht zwingen, das Geld weiterzugeben.“ Der Bund kann nur die Rahmengesetze schaffen. Wenn die Regierung jedoch allein den Druck erhöht, aber nicht die Vergabe der Gelder regulieren kann, droht eine bloße Umverteilung: Die Kommunen richten neue Kitas ein und sparen an anderer Stelle, etwa bei den Horten. Zumal selbst die 1,5 Milliarden kaum ausreichen würden: Die Kommunen schätzen ihren Bedarf auf mindestens 2,2 Milliarden Euro. „Wir können nicht sofort schaffen, wofür Skandinavien Jahrzehnte hatte“, resümiert die Ministerin. „Schließlich sind wir bei der Kinderbetreuung das europäische Schlusslicht.“ COSIMA SCHMITT