Erneut Klage gegen Förderbank Bayern

Insolvenz der Schneider Technologies AG lässt Förderbank des Freistaats Bayern nicht los: Auskunftsklage gegen das Institut vor dem Verwaltungsgericht in München. Warum macht jemand Verlust, wenn er eine Million Aktien verkauft?

AUS BERLIN THILO KNOTT

Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Schneider Technologies AG wird die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA) des Freistaats Bayern nach taz-Informationen erneut mit einer Klage konfrontiert. Diesmal handelt es sich um eine Auskunftsklage gegen die LfA Förderbank Bayern, die Hauptaktionärin bei Schneider war. Dies bestätigte das Verwaltungsgericht München. Renate Daum, Journalistin von Börse Online, will per Eilantrag erzwingen, dass ihr die LfA Auskunft gibt (AZ M 22 E 04.799).

Daum hatte der LfA einen Fragenkatalog zugeschickt, der unbeantwortet blieb. Darin enthalten waren Fragen zum Engagement der LfA bei Schneider und zu möglichen Privatisierungserlösen. Die LfA bestreitet, Gewinne gemacht zu haben – obwohl sie innerhalb von vier Jahren eine Million Schneider-Aktien verkauft hat. Die Förderbank Bayern war als Großaktionärin im September 1998 bei Schneider eingestiegen – zum symbolischen Preis von einer Mark.

Dem Produzenten für Unterhaltungselektronik in Türkheim ging es seit Jahren schlecht. Beim PC-Geschäft hatte sich Schneider verspekuliert und konnte mit Konzernen aus Asien nicht mehr mithalten. Auch die zweite Sparte, die an der Entwicklung des Laser-TV arbeitete, schrieb nie schwarze Zahlen. Beflügelt hat dies nur die Fantasien der Anleger.

Die LfA hielt 1998 41 Prozent der Aktien. Auch zum Zeitpunkt der Insolvenz 2002 war die LfA Hauptaktionärin, besaß aber nur noch 18,18 Prozent der Aktien. In diesem Zeitraum, in dem der Kurs zeitweise von 10 auf 70 Euro hochschnellte, stieß die Förderbank eine Million Papiere ab. Die LfA behauptet, sie habe Verluste „in unterer einstelliger Millionenhöhe“ gemacht. Die Papiere seien außerbörslich unter Börsenkurs verkauft worden. Die Preise hätten die Anschaffungskosten nicht gedeckt.

Sollte die LfA den Prozess verlieren, wird sie Fragen zu Gewinn oder Verlust en détail beantworten müssen. Hat die LfA Förderbank den Steuerzahler um Millionen Euro gebracht, weil sie die Aktien zu ungewöhnlich niedrigen Preisen verkauft oder gar verschenkt hat? Oder hat die LfA doch Gewinne gemacht? Sollte das der Fall sein, wo sind diese dann verblieben? Pikant daran ist auch: Der Verwaltungsratschef der LfA ist gleichzeitig CSU-Wirtschaftsminister – und heißt Otto Wiesheu.

Es handelt sich wohl um den ersten Antrag dieser Art in Bayern, sagt Daum, ihre Anwaltskanzlei habe bisher keinen vergleichbaren Fall gefunden. Daum und ihre Kanzlei Taylor Wessing in München pochen darauf, dass die LfA als Anstalt öffentlichen Rechts „nach dem Bayerischen Pressegesetz auskunftspflichtig“ sei. Eine taz-Anfrage, warum die LfA nicht Stellung genommen habe, beantwortete die LfA entsprechend knapp: „Die LfA Förderbank Bayern als Kreditinstitut ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der von Ihnen angesprochene gegen die LfA erhobene Vorwurf ist falsch.“ Die LfA hat bis zum 25. Februar die Möglichkeit, zur Klage Stellung zu nehmen. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts München rechnet im März mit einem Urteil.

Die Auskunftsklage Daums ist nicht die einzige, mit der sich die Gerichte im Fall Schneider momentan beschäftigen. So steht noch ein Prozess von Schneider-Aktionären aus: Die RTC Consulting & Beteiligungs GmbH aus Düsseldorf hat Schadenersatzklage eingereicht. Die LfA habe falsche Pflichtmeldungen ausgegeben und die Aktionäre getäuscht, so der Vorwurf. Sogar Brüssel beschäftigt sich mit dem Fall Schneider. Nach einer Subventionsbeschwerde hat die Europäische Kommission ein Prüfverfahren eingeleitet. Die LfA könnte gegen Wettbewerbsrecht und Kreditwesengesetz verstoßen haben, weil sie mit staatlichen Mitteln eine Pleitefirma künstlich am Leben gehalten hat, so der Verdacht. Auf Drängen der Bundesregierung kamen die Akten der Wettbewerbshüter nebst Stellungnahme aus Berlin unter Verschluss. Auf Akteneinsicht klagen nun wiederum die Firmenerben Albert und Bernhard Schneider vor dem Berliner Verwaltungsgericht.

Die Schneider-Brüder waren die Einzigen, die sich 2002 für einen Sanierungsplan aussprachen. Die LfA und andere Gläubigerbanken lehnten den Insolvenzplan ab. Die beiden Schneider-Sparten, Schneider Laser Technologies und Schneider Electronics, wurden daraufhin an Jenoptik sowie die Hongkonger Holding TCL verkauft.