zwischen den rillen
: Dicke Bretter rocken

Pilotenbrillen, Dosenbier und LSD. „Monolithic Baby!“, die neue Platte der psychedelischen Heavy Rockband Monster Magnet

Es genügt, sich die ausladenden Titel ihrer Platten zu Gemüte zu führen, um zu wissen, wie die Musik von Monster Magnet so klingt: „Forget About Life, I’m High On Dope“ zum Beispiel. Oder „It’s a Satanic Drug Thing, You Won’t Understand“ – das gab’s nur auf Vinyl und war limitiert auf apokalyptische 666 Exemplare. Mit den siedenden Gitarrenströmen auf „Look To Your Orb For A Warning“ gelang dem Quartett aus New Jersey in den Neunzigerjahren der Durchbruch. Danach stieg Urviech und Gründer Dave Wyndorf offenbar von Halluzinogenen auf Amphetamine um. Dem trockenen „Powertrip“ folgte das lakonische „God Says No“, dann war erst mal vier Jahre Sendepause.

Wer Dave Wyndorf heute fragt, was „Monolithic Baby!“ mit drängendem Ausrufezeichen eigentlich bedeutet, dem antwortet er lapidar: „Bedeutet nichts. Klingt einfach nur geil.“ Wie die wesensverwandten Motörhead setzen auch Monster Magnet nicht auf Überraschung, sondern auf Momentum und den Zeitfaktor. Wer sich nur lange genug treu bleibt, dem fliegen in der traditionell wertkonservativen Szene irgendwann alle tätowierten Herzen zu. Ein Umstand übrigens, den sich jüngst Dave Grohl mit seinem Allstar-Projekt Probot zunutze gemacht hat. Und eine Regel, der sich sogar Metallica mit dem druckvollen „St. Anger“ wieder demütig gebeugt haben.

Ohnehin ist der klassische Rock ein provinzielles, kein urbanes Phänomen. Kein Wunder also, dass es 1990 das im beschaulichen Weserbergland ansässige und höchst ehrenwerte Label Glitterhouse war, das in Deutschland die erste EP der Monstermagneten auf den Markt brachte.

Mag schon sein, dass sich manchmal ein allzu metallisches Riff in den eher lässig dahinfedernden Rock von „Monolithic Baby!“ verirrt – die Musik ist, trotz eingebauter Klischees, alles andere als statisch staksender Metal. Und Ozeane entfernt von kapriziösem britischen Neo-Gegniedel à la The Darkness.

Bei Monster Magnet gibt’s noch Pilotenbrillen, Dosenbier, Feuerkreise, halb nackte Stripperinnen, Dreck unter den Fingernägeln, Speed auf Kneipenklobrillen und fettige Haare, die im Rücken über speckiges schwarzes Leder fallen – keine blonden Dauerwellen, keine bunten Spandex-Hosen. „The real thing, no bullshit“ lautet hier das ebenso simple wie effektive Credo.

Zwei Stücke auf dem Album stammen nicht aus Wyndorfs Feder: „Radiation Day“ ist eine Hommage an jene Zeit, da Black Sabbath noch Black Sabbath und Ozzy Osbourne noch kein sabberndes Wrack in einer MTV-Freakshow war – das Alte Testament des Rock. Kurioser klingt da schon „There’s No Way Out Of Here“, die dreckige Version einer obskuren Nummer von der ersten Soloplatte des Pink-Floyd-Gitarristen David Gilmour. Was nur auf den ersten Horch verwundert, da Monster Magnet immer schon der psychedelischen Seite der Macht zugetan waren. Eine alberne Legende will, dass der selbst ernannte „Space Lord Motherfucker“ Wyndorf 1989 von Außerirdischen entführt wurde, um ein Jahr später mit dem Konzept und dem Namen von Monster Magnet zurückzukehren.

Tatsächlich nannte sich die Gruppe zeitweise Pinque Phloid – bis die humorlosen Juristen von Pink Floyd dahinter kamen.

An die Eleganz der frühen Pink Floyd und astral verstrahlte Psychedelia im Stil von Hawkwind gemahnt heute allerdings nichts mehr. Die stoische Redundanz wiederkehrender Hooks auf „Monolithic Baby!“ mag zwar auch kirre machen, knüpft aber an eine ganz andere Tradition an, den schmutzigen Garagenrock der Sixties.

Songs wie „Slut Machine“, „Supercruel“ oder „Too Bad“ klingen natürlich stellenweise arg vorherhörbar, was sich aber nicht vermeiden lässt. Denn was auf Platten wie dieser bei jedem Akkord gleichsam subsonisch mitschwingt, das ist die fortwährende Arbeit an einem eher reaktionären Rollenverständnis. Klar, es erscheint im künstlerischen Kosmos dieser Gruppe die leicht beschürzte Frau als bizarres Objekt der Begierde. Aber komplementär dazu ist der Mann meist ein groteskes Opfer seiner Begierde, ein ledernes, breitbeiniges, omnipotentes Partytier, die Gitarre wie eine phallische Waffe stets im Anschlag und immer auf dem schnellsten Weg zum nächsten Höhepunkt.

Versöhnlich stimmt, dass Dave Wyndorf diese und andere primitive Weisheiten seit über zehn Jahren mit beharrlicher Penetranz variiert, anstatt sie bemüht aufzubrechen oder zu widerlegen. Weil die Reproduktion von Stereotypen mit einer beiläufigen Selbstironie über die Bühne geht, die anderen Fundamentalisten des Genres gänzlich fremd ist. Deswegen schmecken auch die Sentimentalitäten nicht zu süßlich: „Shine on stars into endless night / Keep your souls and babies warm and tight“, singt er am Ende in „CNN War Theme“. Ganz egal, was das bedeutet. Solange es geil klingt. ARNO FRANK

Monster Magnet: „Monolithic Baby!“(Steamhammer/SPV)