christoph schultheis
: Aufmerksamkeitsschlachtreflexe

Kaum ist „Big Brother 5“ auf Sendung, wird auch schon draufloskritisiert

Jaja, ja doch, ja-ha: Es ist wieder so weit. Seit Dienstag ist im deutschen Fernsehen zum bislang fünften Mal die Show „Big Brother“ auf Sendung. Aber ja. Umstände und Regelwerk sind von der Produktionsfirma Endemol in Absprache mit dem Sender RTL2 verkompliziert worden, die Sendedauer ist länger, viel länger als bisher, das Preisgeld viel höher – und siehe da, kaum sind die ersten Kandidaten in die rundum überwachte Showkulisse eingezogen und die ersten Bilder ausgestrahlt, schreiben auch schon die ersten Kritiker drauflos, dass ihnen, was sie sehen, nicht gefallen will.

Das ist zwar unsachlich, aber (damit wir uns nicht missverstehen) zugleich ihr gutes Recht. Selbstverständlich kann, wer unbedingt will, den Zuschauern die Mündigkeit absprechen, den Kandidaten ihre Teilnahme vorhalten und Oli P. seine Moderation – oder ins Blaue hoffen, dass es bald vorbei sei. Und wir denken jetzt bitte nicht an Herrn CSU-Generalsekretär Markus Söder, der die neue „Big Brother“-Staffel als „neuen Tiefpunkt in der deutschen Fernsehlandschaft“ kritisiert und RTL2 zum Ausstrahlungsverzicht auffordert: Das ist sein Job, der muss das oder glaubt zu müssen oder beides. Allerdings müssen sich dann auch unsere Stegreifkritiker jene Reflexhaftigkeit andichten lassen, mit der wiederum sie selbst irgendwelchen „Leuten“ unterstellen, dass die „zu hilflos sind, um der Aufmerksamkeitsschlacht zu entgehen“.

Es mag schon sein, dass allerlei „Big Brother“-Guckern tatsächlich mal ein unachtsames „Boah, geil, die Alte!“ rausrutscht, dass deren Hirne meinethalben ungeniert „Ausziehn! Ausziehn! Ausziehn!“ gegen die Schädeldecke skandieren wie ihre Artgenossen neulich erst im Skiurlaub oder woanders. Und ich beispielsweise möchte da echt nicht dabei sein, weder da noch dort. Aber hey, kommerzielles Fernsehen ist keine Volkshochschule – und mittlerweile selbst hierzulande professionell genug, zu wissen, was geht und was nicht: Es ist der Show (bislang) nichts vorzuwerfen! Sie wird nicht moderiert von Anne Will, ihre Mitspieler kamen, kommen und kämen abends garantiert nicht auf ein Glas Barolo vorbei, so viel ist sicher. Und man mag das bedauern, ja. Oder man macht’s wie der Bergsteiger angesichts einer Lifta-Treppenlift-Werbung.