Zwischen Menschenrecht und Ware

Die internationale Wasserversorgung gehört zu den größten Problemen, die die Vereinten Nationen auf der Agenda haben. Ob Private-Public-Partnerships dabei helfen können, sie zu lösen, blieb auch auf einer Konferenz am Wochenende offen

AUS BERLIN EVA WEBER

Die aktuelle Strategie der UN-Entwicklungspolitik, bei der Umsetzung von globalen Umweltzielen stärker auf Private-Public-Partnerships zu setzen, scheint ins Wanken zu kommen. Zumindest beim Wasser: UN-Generalsekretär Kofi Annan bilanzierte vor einer Woche, die Reaktionen auf die Wasserprobleme seien „größtenteils inadäquat“ geblieben, es bestehe dringender Bedarf, Wege jenseits des business as usual zu beschreiten. Dieses kritische –und ehrliche – Fazit des UN-Generalsekretärs sorgte bei der Wasserkonferenz für gute Laune, die die grünennahe Heinrich Böll Stiftung und Brot für die Welt am Wochenende in Berlin veranstalteten. Fragestellung: „Wasser – Menschenrecht oder Handelsware?“

Die Vereinten Nationen hatten den Zugang zu sauberem Wasser 2002 zum Menschenrecht erklärt. Zwei Jahre zuvor hatten sie das „Millenniumsziel“ aufgestellt, die Anzahl der Menschen ohne Trinkwasser- und Abwasserversorgung bis 2015 zu halbieren – das wären 1,5 Milliarden neue Wasseranschlüsse und 2 Milliarden neue Abwassereinrichtungen. Die Umsetzung des Vorhabens war desillusionierend: Nur 5 Prozent der Finanzmittel im Wassersektor stammen von privaten Unternehmen, die privaten Investitionen in Wasser und Abwasser sinken seit 1998. Zudem orientieren sich die privaten Investoren nicht an der Versorgung der Armen, in deren Namen der Fünfzehnjahresplan proklamiert worden war.

Auf der Konferenz sollte die Kontroverse zwischen Globalisierungskritikern und Befürwortern der auf internationaler Ebene vorherrschenden Politik einer Liberalisierung der globalen Wassermärkte aufgegriffen werden. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob es angemessen sein kann, öffentliche Gelder wie Weltbankkredite und Entwicklungshilfe zur Absicherung von privaten Investitionen in diesem Risikomarkt einzusetzen. Weltbank-Berater Piers Cross schilderte das Versagen des öffentlichen Sektors in Afrika, wo die Armen zehnmal so viel für Wasser ausgeben wie die Mittelklasse in den Städten. Die großen Hilfsorganisationen Brot für die Welt und Swissaid forderten, vorhandene Wassersysteme zu schützen, Neuinvestitionen endlich verbraucherorientiert anzugehen und neben technischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten auch die sozialen, kulturellen und ökologischen Dimensionen der Wasserversorgung zu berücksichtigen. Uschi Eid, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sprach sich für private Beteiligungen und Konzessionen statt pauschaler Privatisierungen aus – und, ja, für die staatliche Absicherung von privaten Investitionen: Damit könne man den „Bürgermeister-Effekt“ mangelnder Vertragssicherheit nach Wahlen vermeiden.

Allgemeine Trends, die für oder gegen staatliche oder private Finanzierung sprechen, gibt es nach Auffassung von Asit Biswas, Präsident des Dritte Welt Zentrums für Wassermanagement, nicht. Nur gute und schlechte Beispiele auf beiden Seiten. So hätten Managementverträge mit dem privaten Sektor in den marokkanischen Städten Casablanca und Rabat einmal zum Erfolg, einmal ins Desaster geführt. In Buenos Aires schien die Betreibung der Wasserversorgung in privater Konzession zunächst beispielhaft, bis die Wirtschaftskrise das Unternehmen zwang, rund 500 Millionen US-Dollar abzuschreiben. Die private Wasserversorgung in Manila funktioniert laut Biswas hervorragend in einer Hälfte der Stadt, in der anderen nicht. In Colombo, Sri Lanka, wo die öffentliche Wasserversorgung einzelne Arbeitsbereiche, zum Beispiel Ablesung und Statistik, an private Unternehmen ausgelagert hat, sei die Versorgung dagegen hervorragend. Nur ein Mysterium konnten die Analysen seines Zentrums nicht aufklären: 30 Prozent der Bevölkerung versorgt sich nicht über die öffentlichen Leitungen, sondern lieber aus Wasserquellen, obwohl dieses Wasser stark kontaminiert ist.