Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Solange noch nicht alle Grausamkeiten begangen sind, die sich das Kapital von einer sozialdemokratischen Regierung wünscht, gilt: Des Kaufmanns Gruß ist das Jammern. Und SPD-Chef Müntefering hat die Ruhe weg und schweigt dazu

Was war schlecht in der letzten Woche?

Einerseits null Grad und drunter, dies bei andererseits schönem Sonnenschein. Das soll wohl lustig sein.

Was wird besser in dieser?

Clement schmeißt hin, ersetzt anschließend vor lauter Langeweile seinen chancenlosen Nachfolger in Düsseldorf, und die NRW-Frage ist wieder offen.

Seit ein paar Tagen haben Müntefering und Benneter das Sagen in der SPD. Wie ist der erste Eindruck?

Schröder gibt die Linie vor – Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland sei „unpatriotisch“. Benneter spitzt zu, wie es seines Amtes ist: „Vaterlandsverräter!“ Zugleich telefoniert Schröder schon wieder – laut gestellt – beschwichtigend mit den Bossen. Und Müntefering sieht schweigend die volle Spannweite der Sozialdemokratie dargestellt.

Arbeitsplätze in Billiglohnländer zu exportieren, so Schröder und Benneter, sei „mangelnder Patriotismus“. Stimmt’s?

Es hat nicht viel Sinn, ein Vaterland zu lieben, das es nicht mehr gibt: reich an gefragten Rohstoffen, bedrängt von ungebildeten Hilfsarbeitern. Dieses Deutschland wohnt längst woanders. Der Vorwurf kommender Generationen an diese scheint mir eher zu werden, das Land nicht wenigstens so gemocht zu haben, um seine Stärken und guten Seiten zu erkennen: Gehirn, Bildung, geografischen Zwang zum Internationalismus und anderes mehr. Ergo ist eine Bildungsoffensive gewiss patriotischer als Subventionen für die Gesternwirtschaft.

Am Wochenende rufen die Gewerkschaften zur Großdemo gegen Sozialabbau. Motto: „Aufstehen – damit es besser wird“. Bringen es solche Großveranstaltungen – oder ist so etwas im 21. Jahrhundert ein Anachronismus?

Lustig. Dabei praktizieren sie seit Jahrzehnten „Liegen bleiben, damit es uns besser geht“ – vertreten Interessen der Jobbesitzer gegen die der Arbeitslosen. Gemessen an den Arbeitslosenzahlen, ist es vor allem eine Unerklärlichkeit, dass deren machtvolle Demo ausbleibt und scheint’s von der Gewerkschaft auch nicht angestrebt wird.

Was müssten die Gewerkschaften denn besser machen?

Auf das Thema Bürgerversicherung einsteigen, zum Beispiel. Die bestehende, wankende Sozialversicherung ist genuines Kind der deutschen Gewerkschaftsbewegung, und wenn’s den Kurzen schlecht geht, muss man sich kümmern. Nicht mit Salbe, nicht mit Gezeter. Und die große Einzelgewerkschaft der Arbeitslosen organisieren.

Der Geschäftsklimaindex wird erst mal jedenfalls nicht besser. Der von Schröder & Co. heiß ersehnte Aufschwung lässt auf sich warten. Warum?

Makaber: Solange noch nicht alle Grausamkeiten begangen sind, die sich das Kapital von einer sozialdemokratischen Regierung wünschen mag, wäre es töricht, beim Index Zufriedenheit zu signalisieren. Des Kaufmanns Gruß ist die Klage, Genossen.

Schröder fährt am Freitag zu Putin. Über den Krieg in Tschetschenien redet niemand mehr, auch Schröder wohl nicht. Tschetschenien fällt unter Kampf gegen den Terror – und Schluss. Was ist eigentlich aus der Menschenrechtsorientierung der rot-grünen Außenpolitik geworden?

Unvergessen aber bitte auch die „Moskau ins Boot holen!“-Rufe der deutschen Außenpolitik, als die vielleicht diplomatisch zu lösende Aufgabe im Kosovo schief gegangen war. Das „Einvernehmen mit Moskau“ ist ein sehr alter, sehr neuer Generalbass deutscher Außenpolitik. Oder sagen wir mal: Scheißsachzwang!

In Irland darf ab heute auf der Arbeit und auf öffentlichen Orten nicht mehr geraucht werden. Ist das auch unserer Zukunft? Und wäre das richtig?

Da gibt’s eh nur bescheuerte 10-Stück-Packungen und Drehtabak in Schimmelafghane-Gewichtspäckchen. Das Land ist groß und hat weniger Einwohner als Berlin. Schmeckt draußen eh besser. Und wenn’s der Jugend von dem Zeug abhilft – von mir aus.

Und was macht Borussia Dortmund?

Niemandem Angst. Ist doch auch was.

FRAGEN: SR