Nazi-Aufmarsch
: Auf Ignoranz und Distanz gesetzt

Das Strafgesetzbuch stellt Leugnung und Verharmlosung von Völkermord und Holocaust auf öffentlichen Versammlungen als „Volksverhetzung“ und „Störung des öffentlichen Friedens“ unter Strafe. Das ist die gesetzliche Prämisse, die für Polizei und Gerichte gelten sollte.

Kommentarvon PETER MÜLLER

Doch was im Rechtsdisput um den erneuten Nazi-Aufmarsch zur Wehrmachtsausstellung passierte, ist entweder naiv oder seit dem Richterspruch vom Samstag sogar „verfassungswidriges Verfassungsrecht“. Da diffamieren Neonazis seit Jahren die Reemtsma-Ausstellung als „Geschichtslüge“; Hamburger Verwaltungsrichter und Bundesverfassungsgericht – dem immerhin Ex-Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem angehört, der Worch und Konsorten kennen sollte – aber deuten das „Reemtsma lügt!“ in eine „nicht eindeutige Äußerung“ um.

Nun ist vielleicht nachvollziehbar, dass nicht jeder das Recht hat, der Polizei vorzuschreiben, was sie wann wie zu tun hat. Aber Verwaltungs- und Verfassungsrichter sollten dazu verpflichtet sein, sie zur Einhaltung der gesetzlichen Normen anzuhalten.

Wer jedoch die Hamburger Verhältnisse kennt, weiß, dass Polizeiführung und Innensenator Udo Nagel zu keinem Zeitpunkt erwogen haben, diese Rechtsnorm umzusetzen. Im Gegenteil sollte der braune Marsch politisch durchgesetzt werden. Und deshalb ergibt es polizeistrategisch Sinn, bayerische und Bundes-Spezialeinheiten in der Jarrestadt einzusetzen. Die haben im Ernstfall die notwendige Distanz zu den Anwohnern.