Iran soll Bush retten

USA bitten Iran angeblich um Vermittlung. Delegation aus Teheran in Bagdad eingetroffen. Schiitischer Klerus sucht Ende der Konfrontation. US-Präsident verspricht Wahlen in Irak für 2005

BAGDAD/WASHINGTON dpa/ap/afp/taz ■ Eine iranische Delegation ist gestern zur Vermittlung im Konflikt zwischen den US-Besatzungstruppen und Schiiten in Bagdad eingetroffen. Irans Außenminister Kamal Charrasi erklärte, die USA hätten Teheran um Vermittlung gebeten. „Wir stehen in Kontakt mit den USA durch die Schweizer Botschaft in Teheran, die die amerikanischen Interessen in Iran wahrnimmt“, sagte der Minister. Ein echter Dialog finde aber gegenwärtig nicht statt. Iran wolle sich aktiv um die Freilassung ausländischer Geiseln bemühen. Die Geiselnahme von Zivilisten sei jedoch ebenfalls nicht zu rechtfertigen und widerspreche islamischen Prinzipien. Zugleich übte Charrasi scharfe Kritik am militärischen Vorgehen der USA in Irak. „Sie schlagen den falschen Weg ein“, sagte er. In einer ersten Reaktion erklärte sich der radikale Schiitenführer Moktada al-Sadr zu Verhandlungen bereit. Al-Sadr wolle den Empfehlungen der höchsten schiitischen Autorität im Irak, der Mardschaija, folgen, sagte ein enger Mitarbeiter Sadrs in Nadschaf. Ziel der Verhandlungen ist es, einen Angriff auf die den Schiiten heilige Stadt Nadschaf zu verhindern. Rund 2.500 US-Soldaten stehen zum Sturmangriff auf die Stadt bereit. Überraschend traf gestern US-Generalstabschef Richard Myers im Irak ein.

Ungeachtet der blutigen Kämpfe in Irak hält US-Präsident George W. Bush am Zeitplan für die Machtübergabe fest. Die Iraker sollten wie geplant am 30. Juni ihre Souveränität erhalten, sagte Bush in Washington bei seiner dritten Pressekonferenz im Weißen Haus seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren. Er versprach freie Wahlen für 2005. Der US-Präsident gab sich entschlossen, den Widerstand aufständischer Sunniten und Schiiten mit zusätzlichen Truppen zu brechen.

„Wir vollenden den Job“, versprach Bush. Die Iraker als „stolzes, unabhängiges Volk“ würden eine unbegrenzte Besetzung nicht ertragen. Bis spätestens Januar 2005 solle eine Nationalversammlung gewählt werden, die eine Verfassung ausarbeitet. Bis 15. Dezember 2005 solle mit der Wahl einer Regierung der Übergang „von der Diktatur zur Freiheit“ vollzogen sein. Die Bundesregierung begrüßte Bushs Erklärung, forderte aber erneut eine stärkere Rolle der UNO.

Vor Ort dauerten die Kämpfe an: In der Stadt Mossul wurden bei einem Granatenangriff auf einen Markt vier Zivilisten getötet. In Falludscha wurden trotz einer Waffenruhe bei US-Luftangriffen fünf Iraker getötet. In Kut prügelten US-Soldaten nach Angaben der irakischen Polizei einen Mann zu Tode, weil er sich weigerte, ein Bild von al-Sadr aus seinem Auto zu entfernen. Westlich von Bagdad wurden vier verstümmelte Leichen von Mitarbeitern eines US-Unternehmens gefunden. Ein entführter französischer Journalist wurde gestern wieder auf freien Fuß gesetzt. GB

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