Nicht ganz ahnungslos

Morgen beginnt der nächste Prozess gegen Max Strauß. Die Verteidiger überraschen mit einem Strategiewechsel

MÜNCHEN taz ■ Ganz schnell soll jetzt alles gehen. Wie aus Justizkreisen bekannt wurde, soll das neue Verfahren gegen Max Strauß wegen Beihilfe zum Anlagebetrug in zwei Verhandlungstagen vor dem Münchner Landgericht abgewickelt werden. Offenbar haben sich Verteidigung und Staatsanwälte bereits darauf geeinigt, dass Strauß eine Mitschuld einräumt und dafür möglicherweise mit einer Bewährungsstrafe davonkommt.

Die neue Strategie überrascht – denn bislang hatten die Anwälte von Strauß stets darauf hingewiesen, dass ihr Mandant wegen massiver psychischer Probleme seine Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Münchner Anlage- und Beratungsfirma Wabag seit Jahren gar nicht mehr überblickt habe und nur eingeschränkt schuldfähig sei.

Max Strauß hätte das nur recht sein können. Denn die Wabag, für die er seit 1995 arbeitete, hat mehrere tausend Anleger um insgesamt etwa 120 Millionen Euro betrogen. Dabei sollten die Kunden in Recyclinganlagen investieren, die zum Teil gar nicht existierten. Die Firmenchefs sitzen bereits hinter Gittern. In mindestens neun Fällen soll Strauß aktiv an den Machenschaften beteiligt gewesen sein. Seine Anwälte argumentierten darüber hinaus, dass Strauß ohnehin nur beratend für die Wabag tätig war. Dagegen spricht, dass Strauß 1998 Dietrich Marquardt, den Vorstand einer Wabag-Projektgesellschaft, eigenhändig gefeuert haben soll. Obwohl für die fristlose Kündigung kein Aufsichtsratsbeschluss vorlag, musste Marquardt sofort das Feld räumen. Außerdem intervenierte Strauß persönlich beim sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, damit der als Vorstandsmitglied der Landesbank Sachsen Einfluss auf eine Kreditvergabe zugunsten der Wabag nehmen sollte. Die These vom ahnungslosen Rechtsberater Max Strauß ließ sich also kaum halten. BERG