Gelder gerecht verteilen

Regierung und SPD ermahnen den Zentralrat der Juden: Auch liberale Gemeinden müssen Fördergeld bekommen

BERLIN taz ■ Gut ein Jahr nach Abschluss des Staatsvertrags mit dem Zentralrat der Juden droht der Streit um die Verteilung der staatlichen Fördermittel zu eskalieren. Vor dem Spitzengespräch zwischen Kanzler Gerhard Schröder und Zentralratspräsident Paul Spiegel am Mittwoch machten Regierung und SPD gestern deutlich, dass auch die vom Zenralrat unabhängigen liberalen Gemeinden einen Teil der jährlichen Zuschüsse von 3 Millionen Euro erhalten müssen.

Ein Regierungssprecher erklärte, Schröder werde mit Spiegel über die Forderungen der liberalen Juden sprechen. Der Staatsvertrag biete die Grundlage, „alle Gruppierungen im organisierten Judentum“ zu berücksichtigen. Die Union progressiver Juden, die 14 Gemeinden mit etwa 3.000 Mitgliedern vertritt, hatte sich beschwert, weil sie bisher keinen Cent erhalten habe und eine Klage angekündigt. Zentralratspräsident Spiegel wies die Beschwerde zurück und verbat sich jegliche Einmischung der Politik: „Eine Mitwirkung oder Einflussnahme durch den Staat ist unzulässig.“

Spiegels Haltung ist in der Regierung auf deutliche Verärgerung gestoßen. Man erwarte schwierige Gespräche, hieß es. Die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), sagte der taz: „Alle Fraktionen sind einig, dass die liberalen Juden angemessen teilhaben müssen.“ Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz erklärte: „Bei allem Respekt vor dem Zentralrat, es gibt keinen Alleinvertretungsanspruch irgendeiner jüdischen Gruppe in Deutschland.“ LUKAS WALLRAFF