Gleiches Lehrerleid für alle

Schulsenatorin Dinges-Dierig will heute bekannt geben, ob und wie das umstrittene Lehrerarbeitszeitmodell geändert wird. Runder Tisch hat schon mal Vorschläge vorgelegt. Alle waren sich dabei einig: Die Faktoren müssen weg

von KAIJA KUTTER

Was ist das Ergebnis eines runden Tisches, der kurz vor der Wahl eingerichtet wurde, nach der Wahl noch wert? Das werden Hamburgs Lehrer heute erfahren, wenn die neue Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) bekannt gibt, was sie am umstrittenen Lehrerarbeitszeitmodell ändern will.

Der runde Tisch wurde am 9. Februar von Ex-Bildungssenator Reinhard Soltau (FDP) einberufen. Acht Wochen lang haben nun über 40 Lehrer, Eltern und Behördenmitarbeiter aus allen Schulformen in drei Arbeitsgruppen über Änderungsbedarf an dem seit August gültigen Arbeitszeitmodell beraten. Das Ergebnis teilten die Sprecher Rainer Kuhfeldt, Achim Eckmann und Peter Stielert am Montag der Senatorin mit. „Ich habe eine sehr freundliche Senatorin kennen gelernt, die aber nicht bereit ist, um Ressourcen zu kämpfen“, fasst Kuhfeldt seinen Eindruck zusammen. Alle drei Gruppen waren auf unterschiedlichem Wege zum Fazit gelangt, dass die kleinliche Faktorisierung der Fächer von 1,2 bis 1,9 pro Unterrichtsstunde abgeschafft gehört.

„Der Verwaltungsaufwand ist ins Unermessliche gestiegen“, kritisiert Achim Eckmann für die AG „Entbürokratisierung“. Insbesondere die Abrechnung von Minuszeiten bei Schülerabwesenheit, für die manuelle Strichlisten nötig sind, sei „destruktiv“ und extrem aufwendig. Den meisten Zündstoff birgt jedoch das Fazit der AG „Spreizung der Faktoren“. Diese hat Belastungen und Aufwand für alle Fächer und alle Schulformen verglichen. Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es statt Faktoren einen einheitlichen Grundsockel von Unterrichtsstunden für alle Lehrer vom Gymnasium bis zur Grundschule geben sollte, der eine Obergrenze von 27 Unterrichtsstunden für keinen Lehrer überschreiten darf. Eine Idee, die die GEW unterstützt.

Allerdings gibt es auch Gegenwehr im gymnasialen Lager. So verfasste ein Gymnasialvertreter aus der AG „Spreizung der Faktoren“ ein Minderheitenvotum. Und der Deutsche Lehrerverband Hamburg (DLH) gab gestern seinen Ausstieg aus der Runde bekannt. „Wir lassen uns nicht dazu missbrauchen, die Faktoren ‚glattzuziehen‘ und die Messer in den Kollegien auszuteilen. Kein einziger Schulbereich kann etwas abgeben“, erklärte DLH-Chef Arno Becker.

Was die Senatorin davon hält, wird sich heute zeigen. „Sie hat gesagt, dass es Veränderungen geben soll, aber das Prinzip der Kostenneutralität gelte“, berichtet Eckmann. So wünsche auch Dinges-Dierig einen höheren Faktor für Grundschullehrer. Und als sehr wahrscheinlich gilt, dass es eine bessere Anrechnung von Klassenfahrten gibt, um den seit Monaten schwelenden Boykott zu beenden. Ein Preis dafür könnten größere Schulen und größere Klassen sein.