Transatlantischer Freihandel als Drohgebärde

EU-Parlament debattiert Idee einer neuen Handelszone mit den USA. Gelbe Karte für Entwicklungsländer

BERLIN taz ■ Heute debattiert das Europäische Parlament einen Entschließungsantrag, der die Gründung einer Freihandelszone zwischen Europa und den USA zum Ziel hat. „Bis zum Jahre 2015“ soll ein „einheitlicher transatlantischer Markt“ errichtet werden, in dem Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen frei verkehren können.

In dem Antrag wird empfohlen, beim kommenden EU-USA-Gipfel am 25./26. Juni in Dublin ein Expertengremium einzusetzen, dessen Vorschläge in einen Rahmenvertrag zur Vollendung des transatlantischen Marktes münden sollen. Eingebracht hat den Antrag der Europaparlamentarier Elmar Brok (CDU), der dem „Transatlantic Policy Network“ angehört.

Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, Parlamentariern und Think Tanks von beiden Seiten des Atlantiks, dessen Empfehlungen zur „Stärkung der transatlantischen Partnerschaft“ teilweise wörtlich in den Entschließungsantrag übernommen wurden.

Diese Empfehlungen begründet das Netzwerk mit der Notwendigkeit, „die transatlantischen Beziehungen nachhaltig zu verbessern“. Wegen des Irakkrieges hätten die Beziehungen zwischen Europa und den USA „gefährlich gelitten“.

Die globalisierungskritische Organisation Attac kritisiert den Antrag, weil die Realisierung der Freihandelszone die Position der Entwicklungsländer schwäche. Seit der gescheiterten Welthandelskonferenz von Cancún bemühen sich die Entwicklungsländer darum, ihre Kooperation zu verbessern, um Europa und den USA gerechtere Handelsbeziehungen abzuringen. Thomas Fritz, Handelsexperte von Attac, schätzt den Vorschlag als taktisches Instrument ein. „Er ist ein Signal an die Staaten des Südens, weil die Entwicklungsländer die WTO-Konferenz in Cancún haben scheitern lassen“, sagt Fritz. „Es handelt sich um eine glaubwürdige Drohgebärde.“ Um eine solche transatlantische, bilaterale Freihandelszone mit dem weltweiten Handelsrecht in Einklang zu bringen, müsste beidseitig eine Vielzahl von Handels- und Investitionsauflagen beseitigt werden. Zum Beispiel müsste die gerade eingeführte Etikettierung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln von den Vereinigten Staaten anerkannt oder von der EU wieder abgeschafft werden.

EU-Handelskommissar Pascal Lamy kommentierte den Vorschlag als „schlechte Nachricht für Entwicklungsländer“. Derart „großspurige“ Projekte würden kommen und gehen.

MICHAELA KRAUSE