Ausstieg mit Hintertür

Bildungssenatorin stellt öffentlich Berufsschulreform in Frage. Handelskammer spricht von Fortsetzung. GEW will Volksbegehren „Bildung ist keine Ware“ weiter betreiben

Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig gerät gleich zum Start heftig zwischen die Fronten. Die Bekanntgabe der Änderungen am Lehrerarbeitszeitmodell wurde gestern auf den morgigen Freitag verschoben, dafür aber hatte die parteilose Senatorin schon am Vortag ein anderes heißes Eisen angepackt. Unter Beifall erklärte sie auf einer Versammlung des Deutschen Lehrerverbands (DLH), dass die geplante Umwandlung der Berufsschulen in eine Stiftung überprüft werde. Es fehle ihr eine „Potenzial- und Schwachstellenanalyse“ und somit eine schlüssige Begründung für die Reform, sagte Dinges-Dierig. Statt eines großen Wurfs plant sie nun pragmatisch: „Ob am Ende das Stiftungsmodell steht oder nicht, das ist nicht wichtig.“

Der vorherige Senat wollte die 48 Hamburger Berufsschulen in eine von der Handelskammer kontrollierte Stiftung überführen. „Die Senatorin hat erheblichen Klärungsbedarf und will Gespräche mit den Kammern führen“, erklärt ihr Sprecher Alexander Luckow. „Im Moment passiert da erst mal gar nichts.“

Das sieht Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz anders: „Wir haben uns heute sofort mit der Schulbehörde ins Benehmen gesetzt. Es wird keinen Stopp geben“, so Schmidt-Trenz gegenüber der taz. „Die Senatorin wird an dem vorhandenen Projektstand anknüpfen. Die Reform wird nicht aufgeschoben.“ Er habe aber Verständnis dafür, dass die Senatorin eine „Zeit des Einarbeitens“ brauche. Die Zuhörer der DLH-Versammlung haben das wiederum ganz anders aufgefasst. „Ich habe die Senatorin so verstanden, als sei dieses Vorhaben erst mal ausgesetzt“, sagt DLH-Chef Arno Becker.

Spannend wird nun, was aus dem für August angemeldeten Volksbegehren „Bildung ist keine Ware“ zur Verhinderung der Entstaatlichung der Berufsschulen wird, an dem ein breites Bündnis von DLH, Beamtenbund, GEW und Elternkammer beteiligt ist. „Bevor wir die Kampagne absagen, brauchen wird eine verbindliche Aussage, dass die Pläne fallen gelassen werden“, erklärt die GEW-Vorsitzende Stephanie Odenwald. So habe die Senatorin in ihrer Rede mit der Aussage, es sei „unwichtig“, ob am Ende das Stitungsmodell stehe, eine Tür offen gelassen. KAIJA KUTTER