DER STAAT SUBVENTIONIERT DIE FAMILIEN GRUNDLEGEND FALSCH
: Kluge Mütter wollen Arbeit

Lustigerweise hat das Statistische Bundesamt die neuesten Zahlen über arbeitende Mütter zum „Tag der Arbeit“ am 1. Mai herausgebracht. Mehr Mütter gehen außerhäusig arbeiten, so die frohe Botschaft. Passender wäre der Muttertag gewesen, gut eine Woche später. Denn die deutsche Mutter arbeitet nach wie vor höchstens halbtags. Das tun zwar tatsächlich immer mehr von ihnen, aber die Zeit, die Mütter an ihrer Arbeitsstelle verbringen, wird immer kürzer.

Die Teilzeitquote ist rapide gestiegen, die Vollzeitquote dagegen gefallen. Das ist eine schlechte Nachricht. Diese Zuverdienstjobs sind zwar besser als nichts, aber eigenständig leben kann eine Mutter davon nicht. Und verantwortungsvolle, karriereträchtige Jobs übernehmen kann sie erst recht nicht. Das bedeutet: Frauen, die sich scheuen, Kinder zu bekommen, weil sie danach nicht auf einer Halbtagsstelle versauern wollen, werden weiterhin keine Kinder bekommen. Gerade erst warnte Familienministerin Renate Schmidt vor einer Bildungskatastrophe, weil sich vor allem die bildungsferneren Schichten vermehren.

Was ein Staat dagegen tun kann: allen Familien die Kinderbetreuung sichern, damit auch Mütter mehr arbeiten können. Das ist zwar kein Allheilmittel, weil für diese Politik auch genügend Jobs vorhanden sein müssen. Das zeigt das Beispiel des krippenreichen und jobarmen Ostens. Aber es ist immer noch die einzige Art, wie man gerade die besonders häufig kinderlosen, gut ausgebildeten Frauen dazu bekommt, ihren Wunsch nach Nachwuchs wieder aus dem Hinterkopf hervorzukramen.

Dass man dafür in der Familienpolitik radikal umsteuern muss, ist in der Bundesregierung immer noch nicht angekommen. Nach wie vor wird an Kindergeld, Steuererleichterungen für Familien und an viel zu langen Erziehungszeiten herumgedoktert. Daran ist auch das Verfassungsgericht schuld, das die finanzielle Entlastung von Familien und damit eine Art Subventionsmentalität mit seiner Rechtsprechung geradezu eingefordert hat. Dabei müsste dieses Geld dringend frei gemacht werden für den Ausbau der Betreuungseinrichtungen. Die bisher angekündigten Summen sind weder sicher noch ausreichend.

Gestern stellte das Familienministerium sein „Leitbild für die Allianz für Familie“ vor. Darin stehen viele wahre Dinge über die notwendige Flexibilisierung der Arbeitszeiten, familienfreundliche Firmen und Qualitätsoffensiven in der Kinderbetreuung. Dass der Staat aber die Familien grundlegend falsch subventioniert und schleunigst umsteuern müsste, steht nicht darin. Schade.

HEIDE OESTREICH