Das System ist nicht „männlich“

betr.: „Das Bildnis der Calamity Lynn“, taz vom 11. 5. 04

Leider hat sich der Trend durchgesetzt, weibliche Emanzipation nur noch so zu verstehen, bisher männlich besetzte Machtpositionen zu erobern. Und das macht frau wirklich gut: Frau Merkel macht noch patriarchalere Politik als ihre Vorgänger, in den Chefetagen wissen Frauen ihre neue Macht noch besser an den (unterlegenen) Mann zu bringen, Hamburger Polizistinnen knüppeln nicht weniger unsanft demonstrierende Teenager nieder, und Soldatinnen …

Man ändert kein System, indem man die Positionen mit Frauen besetzt. Das System ist nicht „männlich“. Und auch das Militär ist nicht „männlich“, nur weil es in der Vergangenheit ausschließlich von Männern besetzt war. Es ist vielmehr Instrument der herrschende Machtverhältnisse. Und die sind kapitalistisch und neoliberal. Deshalb ist das Militär auch nicht frauen-, sondern menschenverachtend. Die Bilder vergewaltigter Männer machen nur umso deutlicher, dass Frauen nicht die ersten und nicht die einzigen Opfer des Krieges sind. Und dass Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Gewalt gegenüber Unterlegenen vielleicht doch keine ausschließlich männliche Domäne ist. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie die Verantwortung einer Täterin für ihre Taten versuchen zu negieren, indem Sie sie wieder zum Opfer „männlicher“ Strukturen machen. Ich empfinde es als persönliche Beleidigung, wenn Sie diese Soldatin für feministische Argumentationen instrumentalisieren. Denn damit sprechen Sie mir meine Verantwortung als Frau ab, und somit auch meine Gleichberechtigung. SASKIA F. E. AAL, Deinste