Bewusstseinserweiterung nur für Profis

Die Transzendentale Meditation führt nicht immer zum Erfolg. Vor allem die Erwartungshaltung ist entscheidend

Die Transzendentale Meditation (abgekürzt: TM) gehört zu den großen Trends von Esoterik und Naturheilkunde. Die Maharishi Veda GmbH, die ihre Homepage (www.meditation.de) als offizielle Website der deutschen TM-Bewegung bezeichnet, spricht von weltweit 6 Millionen Anhängern „aller Nationalitäten, Kulturen und Religionen“. Zahlreiche Bücher wurden zu dem Entspannungsverfahren veröffentlicht.

Seine Ursprünge hat das transzendentale Meditieren in der indischen Ayurveda-Medizin, seinen Durchbruch in Europa und den Vereinigten Staaten verdankt es dem Yogi Maharishi Mahesh. Mittlerweile gibt es zahlreiche TM-Lehrer, die sich vor allem aus Heilpraktikern, Pädagogen und Psychologen rekrutieren. Sie betonen, dass jedermann ihr Entspannungsverfahren lernen könnte. Es wird von positiven Effekten auf Immunsystem, Blutdruck, Schmerzen und psychosomatische Beschwerden berichtet, vor allem aber sollen intellektuelle Fähigkeiten wie Auffassungsgabe, Gedächtnis und Urteilsfähigkeit verbessert werden.

Als Beleg dafür wird stets die „umfassende wissenschaftliche Studienlage“ angeführt, und es ist in der Tat so, dass TM mittlerweile gut erforscht ist. Die Forschungsergebnisse freilich sind alles andere als eindeutig.

Peter Canter und Edzard Ernst vom Universitätslehrstuhl für Komplementärmedizin im englischen Exeter untersuchten das vorhandene Datenmaterial zu TM und ihren Auswirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit. Sie fanden zwar über hundert Veröffentlichungen zu dem Thema, doch lediglich zehn davon erfüllten die Kriterien, die üblicherweise an eine klinische Arbeit gestellt werden. Von diesen Studien kamen vier zu positiven und sechs zu teilweise oder komplett negativen Ergebnissen.

Ernst vermutet, dass die unterschiedlichen Ergebnisse vor allem durch die Auswahl der Versuchspersonen zustande kommen: „Zu den Studien, die ein positives Ergebnis brachten, wurden Testpersonen herangezogen, die schon vorher ein starkes Interesse an TM und anderen spirituellen Themen hatten.“ Was den Schluss nahe legt, dass nur derjenige intellektuell von TM profitiert, der schon vor dem eigentlichen Training innerlich darauf vorbereitet ist. Denn er wird von positiven Erwartungen geleitet, die ja bekanntermaßen die Erfolgsaussichten einer Therapie deutlich steigern können.

Wissenschaftler entdeckten aber auch, dass gerade Männer mit starkem Interesse an TM überdurchschnittlich häufig ängstlich-neurotische Charakterzüge aufwiesen. „Und diese Männer“, so Ernst, „profitieren natürlich intellektuell von einer Entspannungsmethode wie TM, die ihnen helfen kann, ihre Ängste abzubauen.“ Denn ein Gehirn arbeitet ja umso besser, je weniger es von Angst- und Stresshormonen heimgesucht wird.

In Meditationsangelegenheiten unbedarfte Menschen dürfen hingegen nicht darauf hoffen, nach den Ausflügen in die Versenkung als intellektueller Überflieger aufzutauchen. Aber vielleicht profitieren sie ja in anderer Hinsicht. So verheißt die Homepage der Maharishi Veda GmbH den Anwendern eheliche Harmonie und den Abbau krimineller Energien. JÖRG ZITTLAU