zahl der woche
: Dresdner Bank schießt das Space Center zum Mond

1,4 Millionen

Die Weltraumattraktion Space Center in Bremen sollte das größte „Indoor-Erlebniscenter Europas“ werden, so stand es zur Eröffnung vor acht Wochen an den Plakatwänden. Nach zehn Jahren kritischen Nachfragens war der Tag X gekommen, an dem die Kritiker vor Staunen schweigen sollten: eine Superattraktion, 1,4 Millionen Besucher pro Jahr wert. Zahlende Besucher, der Eintritt war immer um die 20 Euro kalkuliert, ohne Ermäßigung für jugendliche Space-Fans.

1,4 Millionen, das bedeutet: Jeder Bremer müsste dreimal im Jahr kommen. Oder besser: Aus einem Umkreis von drei, vier Autostunden müssten die Besucher herbeiströmen. In Bremens Stadtplanungsbehörde wurden schon neue Straßen gezeichnet.

Es kam, wie es nicht kommen sollte: Die Parkplätze blieben gähnend leer, das Space-Center-Management machte auf Optimismus, aber Zahlen über verkaufte Eintrittskarten wurden als Betriebsgeheimnis gehütet.

Rechnen wir nach: Offenbar wurde mit bis zu 28 Millionen Euro im Jahr an Einnahmen kalkuliert. Um leichter rechnen zu können, nehmen wir nur 24 Millionen – das wären 2 Millionen im Monat. Wenn die Betreibergesellschaft für die Investition, die weit mehr als 100 Millionen Euro gekostet hat, Zinsen zahlen will, dann braucht sie schon die Hälfte davon. 300 Mitarbeiter beschäftigt das aufwändig betreute Weltraumerlebnis, viele in Teilzeit – aber mehr als eine halbe Million Euro an Brutto-Personalkosten kommt im Monat zusammen.

Unsere kleine Rechnung zeigt, wie die Betreiber auf die Zahl 1,4 Millionen gekommen sind: Das ist die Menge, die erreicht werden muss. 1,4 Millionen im Jahr, das sind auf 300 Tage verteilt 4.500 Besucher pro Tag. Wer sich die Mühe macht, am Eingangs-Counter zu zählen, sieht: Mehr als 500 kommen kaum. Europas größtes Indoor-Center war defizitär vom ersten Tag an.

5 Millionen Euro wollte die Dresdner Bank, die auch die ganze Immobilie finanziert hat, als Betriebsmittelkredit draufzahlen, 5 das Land Bremen, das insgesamt nach einer Rechnung der Grünen 250 Millionen Euro zugeschossen hat. Denn neben dem Weltraum-Center sollte ein Einkaufsparadies entstehen, um das Publikum anzuziehen.

Auch da kam es, wie es nicht kommen durfte: Das Einkaufsparadies steht leer. 500.000 Euro Miete im Monat muss die Dresdner Bank jeden Monat in den Wind schreiben. Nun will sie aussteigen aus dem ganzen Projekt, will mit einem Strich alles loswerden und im nächsten Jahr dann eine saubere Bilanz.

Das Land Bremen kann nicht aussteigen, es hat das Space Center zu seinem Prestigeprojekt gemacht. Der Bremer Senat will, dass es weitergeht – und wird also weiter kräftig nachzahlen. Spannend wäre vor allem zu erfahren, wer sich die Taschen voll gemacht hat in den zehn Jahren „Projektentwicklung“.

KLAUS WOLSCHNER